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Iwantschuk fährt nicht sauber

Ponomarjow profitiert im WM-Finale von der verkürzten Bedenkzeit

von Hartmut Metz, Januar 2002

mehr Schachtexte von Hartmut Metz

 

   Ruslan Ponomarjow führt im Finale der Schach-WM gegen seinen ukrainischen Landsmann Wassili Iwantschuk mit 3,5:1,5. Ein Punkt fehlt dem 18-Jährigen aus noch drei ausstehenden Partien, um jüngster Weltmeister aller Zeiten zu werden. Ausgerechnet der Titelgewinn des Spielers, der ihm diesen Rekord abknöpfen wird, ist Wasser auf die Mühlen von Garri Kasparow. Der 1985 im Alter von 22 Jahren auf den Schach-Thron gelangte Russe geißelt auf seiner Homepage www.Kasparovchess.com bevorzugt den Weltverband FIDE, speziell dessen Präsidenten Kirsan Iljumschinow.

 

Ruslan Ponomarjow

Auf dem besten Weg, jüngster Weltmeister aller Zeiten zu werden: Ruslan Ponomarjow
 

   Besonders das neue gehätschelte Lieblingskind des kalmückischen Staatsoberhauptes bereitet Kasparow Verdruss. Der Weltranglistenerste ereifert sich über die "katastrophale Bedenkzeitverkürzung", die der "Diktator" den 128 Teilnehmern der WM in Moskau aufzwang. Iljumschinow reduzierte die Bedenkzeit von zwei Stunden für die ersten 40 Züge und eine weitere Stunde für die nächsten 20 Züge auf 90 Minuten plus zusätzliche 30 Sekunden für jeden weiteren Zug eigentlich in bester Absicht. Schach müsse "sportlicher" werden, um bei den Olympischen Spielen über den Status eines Demonstrationswettbewerbes hinauszukommen, außerdem versprächen kürzere Partien mehr Fernsehübertragungen. Letzteres ist allerdings Humbug. Auch fünf Stunden lange Denkduelle animieren keinen Sender zu Live-Übertragungen. Das Medium schlechthin für das königliche Spiel bleibt das Internet, in dem Millionen Fans die WM verfolgen.

   Nach seiner Grippeerkrankung, die ihn zur Absage des gerade laufenden Topturniers im niederländischen Wijk aan Zee zwang, zeigt sich Kasparow schon wieder erstaunlich giftig. Können sich Hobbyspieler kaum vorstellen, worüber sie überhaupt 30 Sekunden lang pro Zug brüten sollen, und Internet-Freaks ganze Partien in einer einzigen Minute herunterzocken, sieht der 38-Jährige das "klassische Schach zerstört". Die Qualität der Begegnungen sinke dramatisch. Der FIDE-Erzfeind schlägt folglich vor, wieder eine "Spielergewerkschaft" zu gründen, um den Werteverfall zu stoppen.

   Dass es sich nicht um einen reinen Unkenruf Kasparows handelt, der sich 1993 mit der FIDE überworfen hatte und den WM-Titel bis zum Verlust im Herbst 2000 an Wladimir Kramnik (Russland) selbst vermarktete, belegt das Finale des Weltverbandes. "Das Niveau war niedrig", räumt Ponomarjow ein, "womöglich wegen des erhöhten Stress'." Kontrahent Iwantschuk klagt: "Ich komme einfach nicht in Gang." Nachdem der 32-Jährige zum Auftakt ein Desaster in nur 23 Zügen erlebt hatte, übernahm die bisherige Nummer eins der Ukraine die Regie. Aber der zähe Verteidiger Ponomarjow rettete zwei Verluststellungen auf wundersame Weise.

Wassili Iwantschuk

Kommt nicht richtig in Gang: WM-Finalist Wassili Iwantschuk
 

   Im fünften Vergleich ließ Iwantschuk einen simplen Gewinn aus. Im so genannten Endspiel, in dem wenige verbliebene Steine die Lage auf dem Brett kalkulierbarer machen, fehlte dem Großmeister aus Lwow die Zeit zum exakten Kopfrechnen. In den 30 Sekunden müssen die Koryphäen auch noch die Züge notieren. Das Adrenalin im Blut sinkt nicht mehr wie früher, als es nach 40 Zügen eine weitere Stunde Bedenkzeit hinzugab. Die Zeitnot hält bis zum Ende an. Der Druck führt zu manchem Aussetzer. Großmeister Rainer Knaak, der das WM-Finale auf www.Chessbase.de kommentiert, befindet: "Die fragwürdige Bedenkzeitregelung der FIDE verhinderte, dass Iwantschuk die Partie sauber nach Hause fuhr. Schade auch für das Match, das nun wohl entschieden ist."










Ponomariov,R (2727) - Ivanchuk,V (2717) [C11]
FIDE WCh KO Final Moscow RUS (7.1), 16.01.2002

 

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Sf6 4.Lg5 dxe4 5.Sxe4 Le7 6.Lxf6 Lxf6 7.Sf3 0-0 8.Dd2 Le7 9.0-0-0 Dd5 10.Sc3 Da5 11.a3 Sd7 12.Kb1 Db6 13.De3 Sf6 14.Se5 Td8 15.Lc4 Ld7 16.Lb3 Le8 17.The1 Lf8 18.g4 Sd5 19.Df3 c6 20.Se4 Dc7 21.c4 Se7 22.Sg5 Sc8 23.c5 1-0

 

 










Ivanchuk,V (2717) - Ponomariov,R (2727) [D20]
FIDE WCh KO Final Moscow RUS (7.2), 17.01.2002

 

1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.e4 Sf6 4.e5 Sd5 5.Lxc4 Sb6 6.Ld3 Sc6 7.Se2 Lg4 8.f3 Le6 9.Sbc3 Lc4 10.Lxc4 Sxc4 11.0-0 e6 12.a3 Dd7 13.Kh1 Le7 14.Db3 Sb6 15.Le3 0-0 16.Tac1 a5 17.Tfd1 a4 18.Dc2 Tfd8 19.Sf4 Ta5 20.De4 g6 21.Dc2 De8 22.De2 Td7 23.Tc2 Sd5 24.Scxd5 exd5 25.Tdc1 f6 26.Sd3 fxe5 27.dxe5 d4 28.Lh6 g5 29.Txc6 bxc6 30.Txc6 Ld6 31.f4 Tf7 32.Tc1 Txf4 33.Sxf4 Txe5 34.Dc4+ Df7 35.Sd3 Tf5 36.Dxf7+ Kxf7 37.h4 gxh4 38.Kg1 Ke6 39.Tc4 h3 40.gxh3 Kd5 41.Txa4 Ke4 42.Sf2+ Kf3 43.Txd4 Lc5 44.Td2 Tf6 45.Lg5 Tg6 46.Kf1 Txg5 47.Td3+ Kf4 48.Tc3 Lb6 49.b4 Td5 50.Td3 Tf5 51.Sd1 c5 52.Sc3 cxb4 53.axb4 Ke5+ 54.Ke1 Tf4 55.Td5+ Ke6 56.Tb5 Lc7 57.Sd5 Te4+ 58.Kf2 Ld6 1/2-1/2












Ponomariov,R (2727) - Ivanchuk,V (2717) [B47]
FIDE WCh KO Final Moscow RUS (7.3), 18.01.2002

 

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sc6 5.Sc3 Dc7 6.g3 a6 7.Lg2 d6 8.0-0 Ld7 9.Sxc6 Lxc6 10.Te1 Le7 11.Dg4 h5 12.De2 h4 13.a4 hxg3 14.hxg3 Tc8 15.a5 Kf8 16.Le3 Sf6 17.Lb6 Db8 18.Lf3 Sd7 19.Ld4 Lf6 20.Lxf6 gxf6 21.Lg2 Se5 22.f4 Da7+ 23.Kf1 Sg6 24.Df2 Dxf2+ 25.Kxf2 Th5 26.Th1 Tc5 27.Th7 Ke7 28.Lf1 Sf8 29.Th8 Lb5 30.Ld3 Lxd3 31.cxd3 Sd7 32.Txc8 Txc8 33.d4 Tc4 34.Ta4 Txa4 35.Sxa4 f5 36.exf5 exf5 37.Sc3 Sf6 38.d5 Sd7 39.b4 Sf6 40.Ke3 Kd7 41.Kd4 Sh5 42.Se2 Sf6 43.Kc4 Se4 44.b5 axb5+ 45.Kxb5 Kc7 46.Kc4 Kb8 47.Kb4 1/2-1/2

 

 










Ivanchuk,V (2717) - Ponomariov,R (2727) [D20]
FIDE WCh KO Final Moscow RUS (7.4), 19.01.2002

 

1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.e4 Sf6 4.e5 Sd5 5.Lxc4 Sb6 6.Lb3 Sc6 7.Se2 Lf5 8.Sbc3 e6 9.0-0 Dd7 10.Le3 0-0-0 11.Dc1 Sb4 12.Td1 Kb8 13.Sf4 c6 14.Dd2 h5 15.De2 h4 16.Tac1 Le7 17.a3 S4d5 18.Sd3 f6 19.Ld2 Lxd3 20.Dxd3 f5 21.Se2 g5 22.Lc2 g4 23.b4 Tdf8 24.Tf1 Dd8 25.f4 gxf3 26.gxf3 Tfg8+ 27.Kh1 h3 28.f4 Tg2 29.Tf3 Dg8 30.Tg3 Txg3 31.hxg3 h2 32.Tf1 Dg4 33.Tf2 Dh5 34.Lb3 Sc7 35.Df3 Dh3 36.Tg2 Sbd5 37.Df2 Sb5 38.Lxd5 cxd5 39.a4 Sa3 40.Txh2 Dxh2+ 41.Dxh2 Txh2+ 42.Kxh2 Sc4 43.Lc3 Kc7 44.Kh3 b5 45.axb5 Kb6 46.Le1 Se3 47.Ld2 Sc4 48.Le1 Se3 49.Ld2 Sc4 50.Le1 Se3 1/2-1/2

 

 










Ponomariov,R (2727) - Ivanchuk,V (2717) [C88]
FIDE WCh KO Final Moscow RUS (7.5), 21.01.2002

 

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 0-0 8.h3 Lb7 9.d3 d6 10.a3 Sb8 11.Sbd2 Sbd7 12.Sf1 Te8 13.Sg3 c6 14.Sh2 d5 15.Df3 g6 16.La2 Lf8 17.Lg5 h6 18.Ld2 Lg7 19.Sg4 Sxg4 20.hxg4 Sc5 21.Tad1 Tc8 22.Sf1 Se6 23.Dg3 Kh7 24.Sh2 f6 25.Sf3 c5 26.Dh2 Sd4 27.Sxd4 cxd4 28.c3 dxc3 29.bxc3 dxe4 30.dxe4 De7 31.a4 bxa4 32.Dh3 Ted8 33.Df3 Tc7 34.Lc1 Tcd7 35.Lb1 De6 36.Txd7 Txd7 37.Lc2 Lc6 38.Td1 Da2 39.Txd7 Lxd7 40.Dd1 Lb5 41.Le3 Dc4 42.Kh2 Lc6 43.Da1 Lf8 44.Lb1 a3 45.f3 Db3 46.Da2 La4 47.Kg3 Kg7 48.Dd2 g5 49.La2 Db7 50.Dd3 Le8 51.Dd5 Dxd5 52.exd5 a5 53.c4 Lb4 54.c5 Kf8 55.Kf2 Lb5 56.c6 Ke7 57.La7 Kd8 58.Lb6+ Kc8 59.Ke3 a4 60.Ke4 Le2 61.Kf5 e4 62.Ke6 exf3 63.d6 Lxd6 64.Kxd6 1-0

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