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I'm the second"

Interview mit Petra Kortschnoi

von Hartmut Metz, März 2001

mehr Schachtexte von Hartmut Metz


Viktor Kortschnoi mit seiner Frau

Petra Kortschnoi hilft Viktor Kortschnoi mit dem Computer

   Vor 25 Jahren lernte Petra Leeuwerik die Schach-Legende Viktor Kortschnoi kennen und lieben. Nach seiner Flucht aus der Sowjetunion unterstützte sie den St. Petersburger und betreute ihn als Managerin. Die umtriebige Schweizerin ist heute noch bei allen großen Turnieren mit ihrem Ehemann unterwegs. Hartmut Metz unterhielt sich mit Petra Kortschnoi über die Mühe, mit einem Schach-Fanatiker verheiratet zu sein.

Metz: Frau Kortschnoi, wie würden Sie Ihren Ehegatten beschreiben?

Petra Kortschnoi: Er ist ein großartiger Schachspieler, ganz außergewöhnlich und ansonsten wenig praktisch veranlagt.

Metz: Konkret, in welchen Lebenslagen?

Petra Kortschnoi: In allen, schon wenn es damit anfängt, einen Nagel in die Wand zu schlagen oder einen Staubsauger anzumachen - da ist nichts los.

Metz: Und was finden Sie außergewöhnlich an ihm?

Petra Kortschnoi: Dass er mit solch einer Faszination Schach betreibt.

Metz: Das bedeutet auch, dass er Ihnen ab und zu bedeutet, er habe jetzt keine Zeit, er müsse Schach spielen?

Petra Kortschnoi: Nein, das sagt er nie. Ich weiß doch ganz genau, wann er seine Zeit zum Arbeiten braucht. Mit den Jahren spielten wir uns ein.

Metz: Leiden Sie darunter, bei ihm nur die zweite Geige zu spielen?

Petra Kortschnoi: Überhaupt nicht. Ich habe es von Anfang an gewusst, dass es so sein wird, und akzeptiert. Er ist eben mit dem Schach verheiratet.

Metz: Mit den ganzen Wirren nach Viktors Emigration war das doch damals sicher eine schwere Zeit 1976. Wie war das vor 25 Jahren, als Sie ihn kennen lernten?

Petra Kortschnoi: Das war alles sehr anstrengend. Ich hatte damals Gott sei Dank einen guten Chef, der mir drei, vier Monate unbezahlten Urlaub gab. Der Beruf in der pharmazeutischen Industrie, als Ärztebesucher, ließ mir auch danach genügend Zeit, um bei Viktors wichtigsten Kämpfen mit dabei zu sein.

Metz: Sie interessierten sich schon vorher für Schach?

Petra Kortschnoi: Ich bin keine Leuchte im Schach, sondern betrieb es aus Spaß an der Freude, wie man so schön sagt. Aber ich war im Klub, ansonsten hätte ich mich ja nicht für ihn interessiert. Wie wir uns kennen lernten, ist eine ganz lange Geschichte. Das andere ergab sich später.

Metz: Würden Sie sagen, Viktor besitzt eine noch etwas fanatischere Liebe zum Schach als andere Weltklassespieler?

Petra Kortschnoi: Ach, ich glaube, diese Großen da sind sich diesbezüglich ziemlich ähnlich. Aber Viktor weiß das sicher besser.

Metz: Hat die Hingabe Ihres Mannes ans Schach mit den Jahren nachgelassen?

Petra Kortschnoi: Nein, hauptsächlich Schach. Bücher, Arbeit, alles hängt mit Schach zusammen. Sechs Stunden pro Tag beschäftigt er sich bestimmt damit.

Metz: Und was machen Sie derweil?

Petra Kortschnoi: Ich habe genug zu tun. Ich mache den ganzen Haushalt, die gesamte Administration. Selbst die ganze Technik bis hin zum Computer. Ich versuche, ihm den Rücken freizuhalten.

Metz: Als Vorlage zum Musical „Chess" machten Sie auch Geschichte. Wie finden Sie das Stück?

Petra Kortschnoi: Es war alles wunderbar. Was man allerdings jetzt daraus machte - es blieb nur noch die Musik übrig. Wir sahen „Chess" in England. Es war eine fantastische Inszenierung. Überhaupt kein Vergleich zu dem, was hier in Basel und anderswo von irgendeiner fahrenden Truppe gezeigt wird. Gut, sie strengen sich an und singen nicht schlecht, meinetwegen auch gut, aber kein Vergleich zu dem, was wir sahen. Es ist schade, dass sich dieses nicht durchsetzte. Diese Uraufführung in London stellte ein Erlebnis dar.

Metz: Was denkt man sich während solch einer Darbietung, die einen selbst ein Stückchen zeigt?

Petra Kortschnoi: Nichts. Man genießt es. Ich freue mich immer, wenn ich Elaine Page irgendwo sehe, die Hauptdarstellerin, die meine Rolle sozusagen spielte. Ich muss nur lachen, wenn sie singt „I'm the second". Viktor ist schließlich mit dem Schach verheiratet.

Metz: Glauben Sie, dass Ihr vor Energie strotzender Gatte bis an sein Lebensende Schach spielen wird?

Petra Kortschnoi: Ja, natürlich.

Metz: Ist er wenigstens ruhiger nach Niederlagen geworden?

Petra Kortschnoi: Das ja. Er hat praktisch seine Ambitionen aufgegeben. Die große Periode ist vorbei. Jetzt nimmt er es, wie's kommt. Natürlich ärgert er sich, wenn er verliert - vor allem manchmal gegen solche Patzer.

Metz: Sie beruhigen ihn dann?

Petra Kortschnoi: Nö, nö. Man darf ihn nicht beruhigen.


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