Großmeister erkennen Matt nicht17-jähriger Georgier Baadur Jobawa gewinnt 13. Staufer Openvon Hartmut Metz, Januar 2001 |
Großmeister sind, sollte man denken, Großmeister, weil sie ein Matt sofort und umgehend erkennen. Nicht so lausig langsam wie ein geistig träger Patzer, und fast so schnell wie Deep Fritz, Shredder und andere Schweinehunde. Getreu diesem Leitsatz, der den blutigen Anfänger wie Amateur ehrfurchtsvoll gen Großmeister aufblicken lässt, sind die rührigen Organisatoren in Schwäbisch Gmünd diesmal gleich mehreren Scharlatanen aufgesessen! Unter die 326 Teilnehmer beim 13. Staufer-Open schmuggelten sich drei vermeintliche Großmeister, die das schöne Motto des Vereins aus dem Ostalbkreis, nicht nur verinnerlichten, sondern auch vorlebten: Wo man Freunde trifft".
An vorderster Stelle sei Michael Kikerikidse genannt (Anmerkung: Um den Betroffenen Häme bei den nächsten Open zu ersparen, wurde dieser Name ebenso wie der der anderen zwei enttarnten" Koryphäen geändert). Der Internationale Meister aus Georgien, der vermeintlich vor der Verleihung des GM-Titels steht, sah sein Soll schon nach fünf Runden erfüllt. Zweieinhalb freundliche Gastgeschenke hatte der Großmeister in spe verteilt. Da dies in der Versenkung, sprich an irgendeinem mittleren Brett geschah, sind die Kleinode leider nicht überliefert.
Zur Wonne des sensationslüsternen Publikums wurde dafür Georg Kachel-Willi im sechsten Durchgang entzaubert.
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Großmeister Georg Kachel-Willi?
Matt, könnte der unbedarfte Leser glauben. Zuletzt hatte Schwarz in hochgradiger Zeitnot, die nur von der seines Kontrahenten übertroffen wurde, seinen König nach dem weißen Damenschach auf h6 von f4 nach e5 gezogen! Mit weniger als 20 Sekunden auf der Uhr, spielte Kachel-Willi ohne zu zögern 2.Dg5. Matt und 1:0? Nein, Remis durch Dauerschach!!! Andreas Reuß räumte später ein, dass er das Matt erkannt hatte. Geschlagen gab sich der Esslinger Verbandsliga-Fuchs, dem etwa 30 Sekunden für den Rest der Partie verblieben waren, keineswegs und zog seinen Monarchen rotzfrech nach e6! Entnervt beschied sich daraufhin Kachel-Willi bei nur noch elf Sekunden auf der Uhr mit einem Dauerschach - auch, weil sich der schwarze König nicht mehr nach e5 verirrte ...
Für Klaus Schumacher, der unter der Webadresse www.schachvereine.de/scleinzell ein interessantes Regelkuriositäten-Kabinett führt, ist der Fall klar: Mit dem Erreichen einer Mattstellung ist die Partie sofort beendet (Artikel 5.1a). Nach meiner Regelauffassung kann (oder darf) eine beendete Partie nicht weitergeführt werden." Wie es der Zufall manchmal will, befand sich Schumacher sogar vor Ort - allerdings als Webmaster für das Staufer-Open. Der Regelexperte erfuhr aber erst am Schlusstag von der haarsträubenden Begegnung. Für Schumacher bleibt die Frage, von wem beziehungsweise wann die Mattstellung reklamiert wird. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, waren alle Schiedsrichter an anderen Brettern beschäftigt und konnten somit nicht eingreifen. Da die Zuschauer nicht eingreifen dürfen (oder dürfen sie doch, denn die Partie ist ja beendet?!), bleiben also nur noch die beteiligten Spieler. Weiß sah das Matt nicht und Reuß ignorierte es. Da beide Spieler die Züge nicht mehr notierten, käme nur noch eine nachträgliche, auf Zeugenaussagen beruhende Reklamation in Frage. Da beim Schweizer System die Spielpaarungen von den Ergebnissen abhängig sind, hätte diese nach meiner Meinung zwingend noch vor dem Start der siebten Runde erfolgen müssen. Die Entscheidung hätte dann von einem Turnierschiedsgericht gefällt werden müssen." Doch auch die Zuschauer waren sich uneins, ob das Matt tatsächlich auf dem Brett stand. Und der unglückliche Kachel-Willi erfuhr zu spät von seinem zwischenzeitlichen Glück", das ihm bei rechtzeitiger Reklamation doch noch einen halben Zähler mehr eingebracht hätte. Mag mancher Betrachter den 19-jährigen Reuß, der schließlich den geteilten fünften Rang belegte, schon für erstaunlich abgebrüht halten, tadelt Schumacher das Talent: Leider ist auch unter einigen Schachspielern das Fairplay nicht mehr das, was es eigentlich sein sollte. Um allerdings absichtlich einen regelwidrigen Zug auszuführen, dazu gehört schon ein hohes Maß an Regelmissachtung."
Immerhin ein klein wenig mehr Mattkenntnis und Vorausblick bewies der angebliche Großmeister Pippin Schlotzer in der vierten Runde.
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Großmeister Pippin Schlotzer?
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Schönberger,P (2145) - Schlotzer,P (2523)
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Etwas mehr zur Ehrenrettung der Großmeister-Gilde tat in Runde sechs Sergej Kalinitschew, auch wenn es zunächst nicht den Anschein hatte.
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Großmeister Sergej Kalinitschew
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Kalinitschew,S (2495) - Schnepp,G (2251)
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Eine hübsch anzusehende Stellung dank der harmonisch verteilten vier Mehrbauern. Da es in Schwäbisch Gmünd nach 40 Zügen eine halbe Stunde für den Rest der Partie gibt, streckte Weiß keineswegs die Waffen. In der Tat rettete sich der Lübecker Bundesligaspieler auf mirakulöse Weise: Erst gab er den Läufer für zwei Bauern, einen opferte Gunnar Schnepp - und für den letzten steckte Kalinitschew den Turm ins Geschäft. Heraus kam das folgende Endspiel:
Gespannt verfolgte die Meute die verzweifelten Bemühungen des Österreichers, vor Ablauf der letzten Sekunden ein Matt zu konstruieren. Vergebens. Unbarmherzig teilte die digitale Uhr den Punkt, was Schnepp zu lautem Geächze und verzweifeltem Stöhnen verleitete. Kalinitschew hatte nur ein verschmitztes Lächeln für den zuvor zu zögerlichen Gegner parat.
Anschließend spielte der Berliner deutlich besser und erfolgreicher. Ebenso wie sein Schützling, die deutsche Nachwuchshoffnung Dimitri Bunzmann, und Wladimir Burmakin hievte sich Kalinitschew auf 7,5 Punkte. Das reichte jedoch im Gegensatz zu den Vorjahren nicht, um den ersten Platz zu teilen. Um die alleinigen 3.000 Mark lieferten sich Frank Zeller und Baadur Jobawa in der neunten Runde ein Finale. Der Buchautor vom Zweitligisten Stuttgarter SF war mit einem Unentschieden gegen Armin Schwilk (DWZ 1806) schlecht ins Open gestartet. Hernach nahm ihm jedoch lediglich der nominelle Turnierfavorit Juri Balaschow (Elo 2586) ein zweites Remis ab.
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Der Sieger: IM Baadur Jobawa
Von Beginn mit an der Spitze lag Jobawa. Der 17-Jährige vertrat Georgien bereits bei der Schach-Olympiade in Istanbul und holte als Ersatzmann 5/7. 1999 gewann der Serien-Jugendmeister seines Landes sogar ein GM-Turnier in der Ukraine mit glänzenden 8,5/11. Nach einer schwachen Vorstellung vor dem Jahreswechsel in Böblingen mit nur 6/9 demonstrierte Jobawa in Schwäbisch Gmünd, warum in Tiflis große Hoffnungen in ihn gesetzt werden. Im Endspiel" schlug das Talent den württembergischen Meister und eroberte dank der acht Zähler den alleinigen ersten Rang. Zeller fiel dadurch auf den für seine Leistung zu schlechten zwölften Platz (nach Buchholzwertung) zurück. Trotzdem gab es für ihn nichts am Ausgang der Partie zu deuteln: Er hat stark gespielt und dabei unglaubliche Sachen gesehen", lobte der ehemalige Schwäbisch Gmünder, der mit den Stuttgarter Schachfreunden den Mannschaftswettbewerb (25,5/36) vor seinen ehemaligen Kameraden (23) gewann, den jungen Internationalen Meister. Die entscheidende Partie:
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In der entscheidenden Partie der letzten Runde sah der junge Georgier mehr als sein Gegner
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Jobawa,B (2503) - Zeller,F (2434)
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Nr. | Teilnehmer | Titel |
TWZ |
Pkt |
---|---|---|---|---|
1. | Jobava,Baadur | IM |
2503 |
8.0 |
2. | Burmakin,Vladimir | GM |
2501 |
7.5 |
3. | Kalinitschew,Sergey | GM |
2495 |
7.5 |
4. | Bunzmann,Dimitrij | IM |
2484 |
7.5 |
5. | Kuprejchik,Viktor | GM |
2469 |
7.0 |
6. | Joachim,Sven | 2445 |
7.0 |
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7. | Kacheishvili, Giorgi | GM |
2573 |
7.0 |
8. | Reuß,Andreas | 2268 |
7.0 |
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9. | Podzielny,Karl-Heinz | IM |
2469 |
7.0 |
10. | Dittmar,Peter | FM |
2364 |
7.0 |
11. | Balashov,Yuri | GM |
2586 |
7.0 |
12. | Zeller,Frank | 2434 |
7.0 |
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13. | Metz,Hartmut | FM |
2334 |
7.0 |
14. | Chandler,Patrick | 2238 |
7.0 |
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15. | Lomineischvili,Maja | WGM |
2412 |
6.5 |
16. | Raetsky,Alexander | IM |
2425 |
6.5 |
17. | Schnepp,Gunnar | 2251 |
6.5 |
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18. | Hirn,Oskar | 2291 |
6.5 |
|
19. | Chudinovskih,Alexander | 2310 |
6.5 |
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20. | Lorscheid,Gerhard | FM |
2314 |
6.5 |
21. | Schlosser,Philipp | GM |
2523 |
6.5 |
22. | Bruch,Ingo | FM |
2330 |
6.5 |
23. | Gabriel,Josef | 2201 |
6.5 |
|
24. | Berreth,Marc | 2119 |
6.5 |
|
25. | Lainburg,Victor | 2278 |
6.5 |
|
26. | Herrmann,Arnd | 2120 |
6.5 |
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27. | Lobzhanidze,Davit | IM |
2501 |
6.0 |
28. | Krockenberger,Martin | FM |
2285 |
6.0 |
29. | Wartlick,Karl | 2152 |
6.0 |
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30. | Buchele,Sidonia | 1904 |
6.0 |
Im Seniorenturnier setzte sich Dieter Villing bei seinem Debüt souverän durch. Mit 8,5/9 distanzierte der Altmeister vom badischen Oberligisten SK Ladenburg die Kontrahenten um volle zwei Zähler. Neuer Rekord bei der siebten Auflage des Senioren-Wettbewerbs im Schwäbisch Gmünder Stadtgarten. Mit seinem Spiel war der 59-Jährige - teilnahmeberechtigt waren alle Akteure ab Jahrgang 1941 und älter - trotzdem nicht zufrieden. Einmal patzte Villing eine Figur ein, rettete die Partie aber dennoch. Die Kontrahenten machten ihm seine Aufgabe zu leicht. Die Plätze im 107 Köpfe zählenden Feld gingen an Peter-Michael Gerhardt (Tamm), Hans-Ulrich Hoeschele (Stuttgart), Rudolf Sielaff (Waiblingen) und Jörg Potthammel (Berlin). Die Mannschaftswertung sicherte sich das ausgeglichene Team des SC Frankfurt-West. Zwar blieb Mitfavorit Ferdinand Niebling hinter den Ergebnissen der Vorjahre zurück, doch dafür verbuchten seine drei Teamkameraden ebenfalls sechs Punkte. Mit 24 Zählern setzte sich das Quartett um 2,5 Punkte von Waiblingen (21,5) und den Hausherren (21) ab. Spannender gestaltete sich die Damenwertung, die Marianne Hartlaub (Klingenberg) vor Ingrid Antusch (Gräfelfing) und der Münchnerin Hildegard Grüneschild (alle 4) sah. Den Nestorenpreis (über 75 Jahre) holte sich der inzwischen fast 80-jährige Speyerer Recke Georg Tochtermann mit beachtlichen sechs Punkten. Ferdinand Niebling hielt sich zudem im Blitzturnier schadlos, das er vor Hans-Ulrich Hoeschele und Siegfried Limberg gewann.
Der Sieger im Seniorenturnier: Dieter Villing
Nr. | Teilnehmer |
TWZ |
Pkt |
---|---|---|---|
1. | Villing,Dieter | 2225 |
8.5 |
2. | Gerhardt,Peter-Michael | 2145 |
6.5 |
3. | Hoeschele,Hans-Ulrich | 2233 |
6.5 |
4. | Sielaff,Rudolf | 1982 |
6.5 |
5. | Potthammel,Jörg | 2094 |
6.5 |
6. | Gretzer,Otmar | 2188 |
6.0 |
7. | Frank,Werner,Dr. | 1974 |
6.0 |
8. | Bleher,Walter | 1891 |
6.0 |
9. | Daum,Dieter,Dr. | 2056 |
6.0 |
10. | Möckel,Edgar,Dr. | 2098 |
6.0 |
11. | Tochtermann,Georg,Dr. | 1892 |
6.0 |
12. | Bonnaire,Rudolf | 2105 |
6.0 |
13. | Niebling,Ferdinand | 2168 |
6.0 |
14. | Oldach,Ehrenfried | 2085 |
6.0 |
15. | Limberg,Siegfried | 2192 |
6.0 |
16. | Abele,Albert | 1920 |
6.0 |
17. | Hoffmann,Werner | 1908 |
6.0 |
18. | Zschorsch,Peter | 1876 |
5.5 |
19. | Grabara,Manfred | 1790 |
5.5 |
20. | Rettler,Heinz | 1902 |
5.5 |
107. | Eggert,Edmund | 1314 |
1.5 |
Homepage: www.stauferopen.de
Einige weitere interessante Partien vom 13. Staufer Open zum Nachspielen online.
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