Startseite Rochade Kuppenheim

Anand bleibt nach Drama Weltmeister

Inder gewinnt aufregende letzte Partie mit Schwarz und schlägt Topalow 6,5:5,5

von FM Hartmut Metz, 12. Mai 2010

 

Im 32. Zug rutscht Viswanathan Anand unruhig auf seinem Stuhl herum. Konnte es wahr sein? Würde er ausgerechnet in der letzten Partie der Schach-WM den ersten Sieg mit Schwarz einfahren? Wesselin Topalow stemmt den schweren Kopf zwischen die Arme. Nervös streicht sich der Weltranglistenzweite durchs Haar und zieht den weißen Monarchen verzweifelt immer tiefer vor in Richtung gegnerisches Feindesland. Dadurch verliert Anand zwar kurzzeitig den Faden, wird auch fahrig und übersieht mehrere klare Gewinnfortsetzungen.

Den weißen König lässt der Inder vom Feld h4 wieder entwischen - doch der 40-Jährige erobert die Dame für einen Turm und Springer. Das reicht, um eine der dramatischsten Partien der WM-Geschichte für sich zu entscheiden. Nach 56 Zügen und mehr als viereinhalb Stunden Spielzeit gibt Topalow endlich die hoffnungslose Stellung auf. Mit dem Sieg zum 6,5:5,5 bleibt der Spitzenspieler der OSG Baden-Baden Weltmeister. Zusätzlich versüßt das Rekord-Preisgeld von 1,2 Millionen Euro die Titelverteidigung. Der Verlierer darf sich immerhin mit 800000 Euro trösten. "In der Partie bin ich um zehn Jahre gealtert", scherzte Anand erleichtert gegenüber dem Badischen Tagblatt.

Der Herausforderer aus Bulgarien wurde bei seinem Heimspiel in Sofia Opfer seiner eigenen aggressiven Vorgabe: Nach zwei Stunden und zwei Minuten bot Anand indirekt ein Remis an. Weil Topalow vor der WM angekündigt hatte, dass er wie beim alljährlichen Topturnier in Sofia auf Friedensofferten verzichte und auf diese auch nicht reagiere, schlug der "Tiger von Madras" einen anderen Weg ein: Mit einem Läufer-Rückzug im 25. Zug deutete der Inder an, dass ihm mit Schwarz ein Unentschieden reicht. In etwas gedrückter Stellung dachte Topalow nur vier Minuten nach - und versuchte weiterzukämpfen. Dem 35-Jährigen schien die Aussicht, gegen den "Schnellen Brüter" aus Indien am Donnerstag in den Tiebreak zu müssen, wenig verlockend. "Ich erinnerte mich an das WM-Finale 2006", verwies Topalow darauf, dass er damals gegen den Russen Wladimir Kramnik in der Schnellschach-Verlängerung den Kürzeren gezogen hatte. "Es war ein Fehler, dass ich das indirekte Remisangebot ablehnte."

So erlebten die paar Dutzend Zuschauer im Zentralen Militärklub und mehr als eine halbe Million Fans bei der Live-Übertragung im Internet ein Herzschlagfinale. Mancher Anand-Fan fühlte sich dabei nahe am Herzinfarkt, ehe das heftige Klopfen in der Brust ab dem 47. Zug nachließ.

http://www.anand-topalov.com/


Meko 2010
Meko-Übersicht
Startseite