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Russland beendet Fluch

Schach-Nation Nummer eins endlich wieder Weltmeister

von FM Hartmut Metz, 24. Januar 2010

 

Russland kann doch noch gewinnen! Die Sowjetunion hatte bis zu ihrem Ende die Schach-Welt dominiert. Als 1978 Ungarn dem "großen Bruder" Gold bei der Olympiade wegschnappte, war das die einzige Ausnahme seit 1952! Zunächst setzten die Großmeister aus dem Nachfolgestaat die Erfolgsserie fort - doch in den vergangenen Jahren patzte Russland bei den meisten großen Veranstaltungen. Ehemalige Satelliten wie Armenien räumten Gold ab.

Ein Grund dafür war sicher, dass sich nicht mehr alle Topspieler verpflichtet fühlten, ihren Verband international zu vertreten - im Arbeiter- und Bauernstaat hatten die Großmeister gar keine andere Wahl und bekriegten sich förmlich darum, in den begehrten Reisekader zu gelangen. Auch bei der Mannschafts-WM im türkischen Bursa mangelte es den Russen an der Bestbesetzung. So fehlte etwa Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik, weil kurz danach das Superturnier im holländischen Wijk aan Zee begann. Dennoch beendete die Schach-Nation Nummer eins den Fluch, keinen großen Wettbewerb mehr gewinnen zu können.

Mit 15:3 Punkten setzte sich Russland vor den USA und Indien (je 13:5) durch. Die Mitfavoriten Aserbaidschan und Armenien, das zuletzt zweimal den wichtigsten Wettbewerb, die Olympiade, gewonnen hatte, belegten mit 12:6 Zählern nur die Plätze.

Zum wichtigen 2,5:1,5-Erfolg über Aserbaidschan in Runde vier trug Alexander Grischuk bei. Der frisch gebackene russische Einzelmeister bezwang am Spitzenbrett Wugar Gaschimow. Der Aufsteiger des Vorjahres, der in der Weltrangliste bis auf Platz sechs kletterte, erwischte ein rabenschwarzes Turnier und holte mit 2,5:4,5 Punkten zwei Zähler weniger als Grischuk. Das direkte Duell verlief aufregend, denn der schwarze König marschierte bei vollem Brett von der eigenen auf die gegnerische Grundreihe!











Gaschimow,W (2759) - Grischuk,A (2736) [B97]
7. Mannschafts-WM Bursa, 08.01.2010

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Lg5 e6 7.f4 Db6 8.Dd3 Dxb2 9.Tb1 Da3 10.f5 Le7 11.fxe6 fxe6 12.Le2 Da5 13.Ld2 Dc7 14.g4 [ Vor zwei Jahren im kalmückischen Elista bevorzugte Gaschimow noch 14.0-0 gegen Grischuk.] 14...h6 15.Dh3 Th7N Das ist der erste neue Zug. Er soll offensichtlich den Bauernvorstoß nach g5 entschärfen, weil Schwarz nun dank des gedeckten Turms auf g5 zugreifen dürfte. 16.Tf1 Sc6 17.Sxc6 Dxc6 18.e5 dxe5 19.Ld3 e4 20.Sxe4 Sxe4 21.Dh5+!? [ 21.De3 führt zum Ausgleich. 21...Sxd2 ( 21...Lh4+? erweist sich als schwächer, gleichwohl der weiße König marschieren muss. 22.Kd1 Sf2+ ( 22...Sf6 23.Lg6+ Kd8 24.Lxh7 Ld7 ( 24...Sxh7 25.Dd3+ Dd5 26.Dxh7 ) 25.Ld3 ist für Weiß besser.) 23.Txf2 Lxf2 24.Lg6+ Ke7 25.Dxf2 mit Gewinn.) 22.Lg6+ Kd8 23.Dxd2+ Ld7 24.Lxh7 Tc8= ] 21...Kd7! 22.Td1? [ 22.Df7! Th8 ( 22...Sxd2 23.Td1 sorgt für eine unklare Stellung, weil der Springer ausharren muss, um kein Abzugsschach des Läufers auf d3 mit Damengewinn zu ermöglichen.) 23.Lb4 Sd6 24.Dxg7 Te8 25.Lg6 hält Weiß im Spiel.] 22...Th8 23.Lf4? Der scheinbar logische Zug droht ein Läufer-Abzugsschach - doch die Folgen sind fatal. [ 23.Tf7-/+ bot sich als bessere Alternative an.] 23...Lb4+! 24.c3 Sxc3! Siehe da, der Läufer muss zurück nach d2. 25.Ld2 [ 25.Lb5+ Das Abzugsschach verkehrt sich ins Gegenteil mit dem Schach-Konter 25...Sxd1+ 26.Kxd1 axb5 ] 25...Dd5 26.Tf7+ Kc6 27.Tc1 Kb6?! Die beste praktische Fortsetzung. [ 27...Dxd3! geben Programme als präziser an - allerdings vermag ein Mensch in einer Turnierpartie die Komplikationen kaum zu überblicken: 28.De5 a5 29.Lxc3 Kb6 30.a3 Lxc3+ 31.Txc3 Db1+ 32.Kf2 Td8! 33.Dc7+ Ka6 34.Dxd8 Db2+ 35.Kg1 Dxc3-+ ] 28.Le3+? Dem verlockenden Schach kann Weiß nicht widerstehen - doch das verliert endgültig. [ 28.Txc3! ist eher dazu angetan, den Gegner zu verwirren. 28...Lxc3 29.Lxc3 Td8 ( Nur nicht 29...Dxd3?? 30.La5+ Kc6 31.Tc7+ Kd6 32.Dc5# ; 29...Dxh5?! genügt zumindest nicht zum Sieg: 30.gxh5 Td8 31.Le4 Td7 32.Txg7 Txg7 33.Lxg7 Ld7 34.Lxh6 Th8 35.Le3+ Kc7 36.Lf4+ Kc8 37.Lg6 Lc6 38.Le5 Tg8 39.h6 Txg6 40.h7 Th6 41.h8D+ Txh8 42.Lxh8 mit Remisschluss.) 30.Dxd5 Txd5 31.Le4 Td7 32.Txg7 Txg7 33.Ld4+ Kb5 34.Lxg7 e5 35.h3 Le6 36.Lxh6 Lxa2 und Schwarz sollte die Oberhand behalten.] 28...Ka5! Nur so! Der Königsmarsch triumphiert. 29.a3 Ka4!! Der Feldherr von "Alexander dem Großen" schreitet weiter unverzagt voran! 30.axb4 Dxd3 31.Da5+ Kb3 Der König befindet sich nun zwar bei vollem Brett tief im Feindesland - aber dank des Bauern auf b4 wird er von hinten zuverlässig geschützt! Und vorne halten der Springer und die Dame Schaden fern. 32.Txc3+ Traurige Notwendigkeit angesichts des drohenden Matts auf e2. 32...Dxc3+ 33.Ld2 b6! 34.Dxb6 De5+ 35.Kd1 Lb7 36.Dxb7 Thd8 Die nächste schwarze Schwerfigur greift ein und fesselt den Läufer auf d2, der somit keinen Schaden anrichten kann. 37.Tf3+ Ka2 38.Tf2 Kb1! Die Krönung des schwarzen Spiels! Der König erreicht die gegnerische Grundlinie und steht dort bombensicher! 39.Df3 Tac8 40.Db3+ Db2 41.Dxb2+ [ 41.De3 macht auch keinen Spaß mehr: 41...Dc1+ 42.Ke2 Tc2 43.Db3+ Tb2 ] 41...Kxb2 Angesichts des hoffnungslosen Endspiels mit der Qualität weniger, streicht Gaschimow die Segel. [ 41...Kxb2 42.Ke1 ( 42.Te2 Tc1# ) 42...Tc2 43.Te2 Tcxd2 44.Txd2+ Txd2 45.Kxd2 Kb3-+ ] 0-1



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