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Metz,H (2277) - Naiditsch,A (2700) [B29]
13. Neckar-Open Deizisau (2), 2009
1.e4
c5
Ich hatte mich auf e5 als Entgegnung eingestellt - da ich dann Königsgambit zu spielen pflege, mutmaßte ich, mein Gegner wolle dies wie so viele andere (auch zwei weitere e5-Spieler in dem Turnier) vermeiden.
2.Sf3
Sf6
3.e5
Sd5
4.Sc3
Sxc3?!
Damit war ich schon "aus dem Buch". Im Vorjahr in Australien hatte ein Rivale [ 4...e6
gezogen, was zu kompliziertem Spiel und Ausgleich führt. Das reicht Naiditsch natürlich gegen mich nicht - aber dennoch war diese Wahl sicher besser als die nun entstehende Stellung, die Weiß leichtes Spiel schenkt.]
5.dxc3
Gegen jeden anderen Gegner hätte ich reflexartig mit dem b-Bauern zugeschnappt, um auf ein starkes Zentrum zu pochen. Gegen den Weltranglisten-31. schien mir eine dezentere Vorgehensweise ratsam.
5...Sc6
6.Ld3
[ Üblich ist 6.Lc4
. Mangels Theoriekenntnis und wegen eines vorsichtigen Aufbaus, der nicht a tempo zu a6 und b5 einladen wollte, stellte ich den Läufer gewohnheitsmäßig nach d3.]
6...g6?!
[ 6...d5
7.exd6
exd6
gleicht sofort aus. Der Favorit mochte aber wohl keine offene e-Linie, auf der dereinst die Schwerfiguren getauscht werden und danach die schwarzen Siegchancen auf ein Minimum schrumpfen.]
7.0-0?!
Da ich mich in dem System nicht auskenne, kam ich trotz meines Hangs zur langen Rochade nicht auf die Idee, diese einmal mehr anzustreben. Das hätte den folgenden Angriff geradezu fulminant gemacht, denn bei dem typischen Vorstoß h4, h5 stünde der Turm natürlich auf der h-Linie optimal.
7...Lg7
8.Te1
0-0
9.Lf4
b6
10.Dd2
Lb7
11.Tad1
De8
Spätestens jetzt war mir klar: Ich stehe "saugut".
12.Le4
Td8
Traurige Notwendigkeit. Schwarz muss sich natürlich um den d-Bauern kümmern, kann sich aber danach kaum rühren.
13.Ld5
[ Gleich 13.h4
kam in Betracht. Doch ich wollte das befürchtete Gegenspiel mittels f6 unterbinden.]
13...La8
e6 mit schrecklichen schwarzen Löchern stellt selbstverständlich keine Alternative dar. Nun verfiel ich in langes Grübeln. Zum einen beschäftigte mich die Frage, ob es möglich sei, den schwarzen Springer nach b8 und den Läufer von g7 nach h8 zu zwingen - aus rein ästhetischen Gründen, denn dann befänden sich alle verbliebenen schwarzen Figuren wieder auf der Grundreihe. Nachdem der Humbug aus den Gehirnwindungen vertrieben wurde, erwog ich lange, ein Luftloch mit h3 zu machen. Das bietet auch den Vorteil, mal ein Schlupfloch für den Läufer auf f4 zu schaffen. Weil mir jedoch nicht in den Sinn kam, wie ich nach einem beliebigen schwarzen Zug meine Stellung weiter verstärken könnte, verfiel ich irgendwann auf h4! Also:
14.h4!
Kh8
Ein Notzug, um vielleicht f6 zu ermöglichen.
15.h5!
gxh5
In der jämmerlichen Stellung muss Schwarz schon nehmen, weil h6 mit Figurengewinn droht!
16.Sg5
f6
17.exf6
Lxf6
18.Dd3
Lxg5
19.Lxg5
Die Stellung gefiel mir prächtig. erstmals kam mir in den Sinn, dass ich gegen Naiditsch in 25 Zügen gewinnen könnte und nicht er!
19...Tf7!
Ein Zug mit großer psychologischer Kraft! Der Favorit steht nahezu hoffnungslos - täuscht nun aber Initiative mit dem schon nahezu erzwungenen Zug an.
20.Dh3
Laut Naiditsch ein starker Zug. [ 20.De4!
ist allerdings noch besser. Inzwischen schaltete mein Verstand aber völlig aus. Mir war nur eines klar: "Nehme ich den Turm auf f7 weg, zerreißt mich mein Kontrahent! Er rollt im Zentrum an, danach erledigt mich der Taktikriese auf der langen Diagonalen", redete ich mir ein.]
20...d6
Erzwungen. Ansonsten bedient sich Weiß tatsächlich auf f7 und nimmt anschließend auf d7. [ 20...Tg7?
21.Lf6
exf6
22.Txe8+
Txe8
23.Dxh5
]
21.De6?
Gegen einen x-beliebigen Gegner meiner Preisklasse hätte ich ohne Zögern auf f7 zugegriffen. Jetzt kam mir nichts mehr in den Sinn bis auf den Damenzug und die Parole: "Bloß nichts anbrennen lassen!" [ 21.Lxf7!
gewinnt simpel. 21...Dxf7
22.De6
Dg7
23.Lh6
Dg6
24.Dxg6
hxg6
25.Te6
Kh7
26.Lg5
Td7
27.Tde1
Se5
28.Txe7+
Txe7
29.Lxe7
Sf7
30.Lf6
g5
31.Te7
Kg6
32.Txa7
Ld5
33.Le7+-
]
21...Se5
22.Txe5!
dxe5
23.Dxe5+
Tg7
24.Lh6
Dg6
25.Lxg7+
Dxg7
Soweit mit der Zuversicht geplant, dass ich das gegen keinen Spieler auf dem Planeten mehr verliere.
26.Dxh5
Dg6
27.De5+
Dg7
28.De4
[ 28.Dh5
mit dem Angebot einer Zugwiederholung schien mir nun doch auf einmal zu wenig.; 28.De6
war stärker.]
28...Df6
29.Td3
Txd5
30.Txd5
Lxd5
[ 30...e6??
ließ mich für eine Sekunde den Schrecken in die Glieder fahren, aber: 31.De5
]
31.Dxd5
Kg7
32.a4??
Zu nassforsch! Vergibt die sehr guten Gewinnchancen im Damen-Endspiel. Ich glaubte, die schwarze Dame habe keinen vernünftigen Zug mehr ...Dagegen bewahrt [ 32.g3!
die blendenden Aussichten. Naiditsch gedachte danach mit 32...Kg6?!
fortzusetzen. Weiß spielt erst daraufhin 33.a4!
mit der finsteren Absicht a5, a6, Db7, Dxa7 und Durchmarsch des a-Bauern. 33...a5[]
Nur das durchkreuzt den weißen Plan. 34.Dg8+
Kh6
35.Dg4
De5
36.Kf1
Dd6
37.Ke2
De5+
38.Kd2
Dd5+
39.Ke3
e6
( 39...De5+
40.De4
Df6
41.Df4++-
) 40.Df3!
Dd7
41.Df6+
Kh5
42.f3
Dd5
43.g4#
]
32...Df4!
33.a5?
Angesichts der völligen Verkalkung fügte ich mich entnervt ins Remis-Schicksal. Einen Versuch wert war aber noch [ 33.Dd8!
Kf7
( 33...Dc1+
34.Kh2
Dxb2
35.Dxe7+
Kg8
36.Dxa7
Dxc2
37.Dxb6
Dxc3
38.Dd8+
Kf7
39.Dc7+
Kf6
40.a5
und alles ist wieder in Butter für Weiß.) 34.Dd3
Dc1+
35.Kh2
Df4+
( 35...Dxb2
36.Dxh7+
Kf6
37.g4
Dc1
38.Df5+
Kg7
39.Kg2
Dd2
40.De4
Kf7
41.Dd3
Dg5
42.Df3+
Ke8
43.De4
Kf7
44.c4
und weiterhin aussichtsreicher Position.) 36.Kh3
Dxf2
37.Dxh7+
Ke6
38.De4+
Kd6
39.Dd3+
Ke6
40.b3
Dg1
41.Kg3
De1+
42.Kg4
Dh1
43.Kf3
Dh5+
44.Kf2
und Schwarz steckt weiterhin in Schwierigkeiten.]
33...Dc1+
34.Kh2
Df4+
35.Kg1
Dc1+
36.Kh2
Df4+
37.Kg1
Dc1+
1/2-1/2
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