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"Ob 800 oder 795 PS: eh null Chance"

"Matt-o-Meter" und "Schärfe"-Tacho würzen neues Programm Fritz 12

Von FM Hartmut Metz, 31. Oktober 2009

 

Den Vergleich mit Microsoft hören sie nicht gerne am Mexikoring in Hamburg. Die Marktmacht der Bill-Gates-Firma spaltet schließlich die Computer-Gemeinde. Chessbase will dagegen für alle Schachspieler da sein - genießt aber in der Nische der ehrgeizigen Denkstrategen eine ähnlich dominante Stellung wie Microsoft. Das liegt an der Erfindung der Datenbank Chessbase, mit der Matthias Wüllenweber 1985 die Verwaltung von Partien revolutionierte. Weltmeister Garri Kasparow erkannte das Potenzial und nutzte es, um schon in der Eröffnung Vorteile zu erringen und seine Überlegenheit zu zementieren.

Der Russe sprang auch auf den Zug auf, als die Hanseaten 1991 mit Fritz ein Programm auf den Markt brachten, das bis heute der Holländer Frans Morsch und Mathias Feist entwickeln. Erfolge über Kasparow oder 2006 in Bonn gegen seinen Nachfolger als Weltmeister, Wladimir Kramnik, erhöhten dessen Popularität. Mit bisher einer Million verkaufter Exemplare gilt Fritz als Ikone der Branche. Manch einer nimmt den urdeutschen Vornamen, der ursprünglich Brutus lauten sollte, sogar als Synonym für die "Engines".

Obwohl Rybka und Rekordweltmeister Shredder dem Konkurrenten aus Hamburg in puncto Spielstärke schon lange den Rang abliefen, schmälert dies kaum die Beliebtheit von Fritz. "Das ist wie bei Autos", findet André Schulz, "ob deines 800 PS hat und meines 795 PS, das ist egal - der Mensch hat gegen beide eh ,null Chance'. Bei der Analyse der eigenen Partien macht es auch kaum einen Unterschied." Deshalb sehen die kühlen Nordlichter den "Vorsprung, den Rybka weiterhin hat", gelassen. "Wir legen mehr Wert auf eine ,menschliche Spielweise' von Fritz und nicht, dass es andere Programme besser schlagen kann", erläutert der Chessbase-Mitarbeiter.

Die innovativen Tüftler verbesserten daher beim neuen Fritz 12, das 49,90 Euro kostet, vor allem die Funktionalität. Die optisch ansprechende Oberfläche kommt jetzt ohne Klappleisten aus und erspart so wie das neue Windows 7 manchen Klick. "Mehr spielen, weniger klicken", nennt das Schulz. Auch die zwölfte Auflage bietet Spielereien, die Puristen nicht unbedingt brauchen - aber doch witzig sind. So taxieren zwei Tachos unter dem Brett wie ein Drehzahlmesser die "Schärfe" der Stellung und der "Matt-o-Meter" den Stand der potenziellen Königshatz. Ein "Spion" fördert zudem das Verständnis, "indem dieser zum Beispiel zeigt, was passiert, wenn ein Bauer gefressen wird", sagt Schulz.

Zum Spaß mit Fritz 12 tragen lustige Sprüche bei, die das Programm seit 1996 passend zu Spielsituationen einwirft. Bei der deutschen Version spricht diese Matthias Deutschmann. Der Kabarettist spielte früher für Freiburg-Zähringen in der Bundesliga und schlägt noch immer selbst eine scharfe Klinge. Die Partie aus der Verbandsliga-Runde 2005 belegt sein taktisches Geschick. Der Gernsbacher Goce Gjorseski musste erkennen, dass Deutschmann durchaus auch einiges von Fritz lernte.











Gjorseski,G - Deutschmann,M (2166) [A45]
Verbandsliga Süd Baden, 18.12.2005

1.d4 Sf6 2.e3?! Arg zahm eröffnet. 2...g6 3.Ld3 Lg7 4.f4 d6 5.Sf3 0-0 6.0-0 Sc6 7.c3 e5! Schwarz spielt konsequent und nutzt die passive weiße Vorgehensweise, um die Stellung mit Schwarz leicht auszugleichen. 8.Lc4 e4 9.Sfd2 Se7 10.Dc2 c6 11.Le2 d5 12.c4 Sf5 13.Sb3 dxc4 14.Lxc4 Sd5 15.Lxd5 cxd5 16.Sc3 b6 17.Df2 La6 18.Te1 Tc8 19.Ld2 h5 20.Sc1 Lb7?! Damit will Schwarz wohl den Bauern auf d5 überdecken, um die Dame mobilisieren zu können. Auf a6 steht der Läufer allerdings ideal, blickt er doch tief in die weiße Stellung hinein. 21.S1e2 Lf6 22.Kh1 Dd7 23.Tg1 Kg7 24.Sg3 La6 25.Sxf5+ Dxf5 26.g4? Weiß stürzt sich sehenden Auges ins Verderben. Damit schwächt Gjorseski nur seine Königsstellung - und nicht, wie wohl erhofft, die schwarze. Deutschmann nutzt das gleich gekonnt aus. 26...hxg4 27.Dg3? [ 27.Dg2 muss geschehen, um das Feld e2 im Auge zu behalten. Weshalb, zeigt Schwarz sofort.] 27...Txc3! Ein exzellentes Qualitätsopfer, das den letzten Verteidiger mit Blick nach e2 beseitigt. Die Preisgabe des Turms stellt kein Wagnis dar, weil sich der Läufer der normalerweise klar stärkeren Schwerfigur mehr als ebenbürtig zeigt. 28.Lxc3 Le2 Deckt g4 und droht ein vernichtendes Läuferschach auf f3. 29.Taf1 Th8 Die weiße Lage ist völlig hoffnungslos. 30.Dg2 Lf3 31.Txf3 exf3 32.Df1 Erlaubt einen hübschen Abschluss, bei dem Fritz 12 sicher keine Millisekunde mit der Anzeige "Matt in drei Zügen" zögerte - und gewiss einen passenden feisten Spruch von Deutschmann hinterherschicken würde! [ 32.Dxg4 verbietet sich wegen 32...f2 33.Dxf5 fxg1D+ 34.Kxg1 gxf5 ] 32...Txh2+! Weiß wollte 33.Kxh2 Dh5+ 34.Dh3 Dxh3 matt nicht mehr sehen. [ 32...Txh2+ 33.Kxh2 Dh5+ 34.Dh3 Dxh3# ] 0-1



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