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Kleinkariertes Theater wie in der Formel 1
Technische Beschneidung der Schach-Programmierer verfehlt bei WM ihr Ziel
von FM Hartmut Metz, 15. Juni 2009
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Die Schach-Programmierer wandeln auf den Spuren der Formel 1: Zu ihrem Bedauern allerdings weniger in Sachen Aufmerksamkeit oder Saläre der Fahrer. Bei ihren "Boliden" ging es auch um technische Begrenzungen, um Chancengleichheit und überschaubare Kosten für alle Teilnehmer zu garantieren. In die Rolle von Formel-1-Boss Max Mosley, Präsident des Welt-Automobilverbandes FIA, schlüpfte auf den 64 Feldern ein anderer Brite: David Levy.
Das Oberhaupt des Weltverbandes der Schachprogrammierer (ICGA) tat Ende 2008 per Dekret kund, dass sich die "Zeiten änderten" und das Hardware-Limit bei der nächsten WM bei acht Prozessoren liege. Die seien heutzutage handelsüblich und folglich auch für Amateure erschwinglich. "Jeder Programmierer kann mitmachen, ohne viel Geld für abenteuerliche Hardware ausgeben zu müssen", argumentierte Levy laut einem Bericht im "Schach-Magazin 64". Lediglich ein Programmierer, Urgestein Mark Uniacke von "Hiarcs", hieß das Vorgehen gut.
In der Formel 1 lenkten Ferrari&Co. vorerst zähneknirschend ein, unterschrieben bei der FIA und fordern nun lauthals Änderungen. Bei der Computer-WM blieben dagegen viele einfach weg - zumindest lag die Teilnehmerzahl in Pamplona enttäuschend niedrig. Waren vor zehn Jahren in Paderborn noch 32 Programme am Start, traten in der spanischen Stierkampf-Metropole lediglich zehn Teams an. Deswegen dürfte die Begrenzung auf acht Prozessoren ein einmaliges Experiment gewesen sein, glaubt der niederländische Computerschach-Experte Eric van Reem.
Unabhängig von der Hardware erwies sich erneut "Rybka" von Vasik Rajlich als weit überlegenes Programm. Das "Fischchen", wie es übersetzt heißt, deklassierte die Konkurrenz in neun Runden um 1,5 Punkte. Hinter dem ungeschlagenen US-Produkt (8 Zähler) folgten gleich auf Junior (Israel), Deep Sjeng (Belgien) und Rekordweltmeister Shredder (alle 6,5). Hinter dem Düsseldorfer Stefan Meyer-Kahlen belegte das britische Hiarcs (6) Rang fünf vor dem Bayern Johann Zwanzger mit Jonny (4,5).
Bei der "alternativen WM" durften alle den "Turbo" zuschalten - was die Überlegenheit von "Rybka" verstärkte. Rajlichs Geisteskind gewann dabei sogar alle Partien und machte auch bei der Blitz-WM kurzen Prozess.
Nachstehend einer der Siege des Titelverteidigers gegen Pandix aus Runde vier.
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Pandix - Rybka
17. Computer-WM Pamplona, Spanien, 12.05.2009
1.e4
c5
2.Sc3
d6
3.d4
cxd4
4.Dxd4
Sc6
5.Lb5
Ld7
6.Dd3
Sf6
7.Sf3
g6
8.Lg5
Lg7
9.0-0
h6
10.Lf4
Tc8
11.a3
0-0
12.h3
Weiß hat sich nicht ganz so harmonisch entwickelt wie Schwarz. Deshalb übernimmt Rybka jetzt die Regie.
12...a6
13.Lc4
b5
14.La2?!
[ 14.Lb3
kommt in Betracht, um 14...b4?
auszuschalten. ( 14...Sa5
erweist sich als stärker. 15.La2
Sc4
16.Lxc4
Txc4
mit ungefähr ausgeglichener Position.) Nach 15.axb4
Sxb4
16.Dd2
Kh7
17.Tfd1
steht Weiß ein bisschen besser.]
14...b4
15.Sd5
Sxd5
16.Lxd5
Lxb2!
Wie kein zweites Programm zögert Rybka nicht, eine Qualität zu opfern.
17.Lxh6
bxa3!
18.Lxf8
[ 18.Txa3!
Sb4
19.Db3
Lxa3
20.Lxf8
Dxf8
21.Dxa3
Sxd5
22.exd5
Lb5
23.Tc1
Lc4
24.Sd2
Lxd5
25.Dxa6
sollte für Weiß haltbar sein, auch wenn Schwarz das Handeln bestimmt.]
18...Dxf8
19.Dd2?!
[ 19.Txa3
Sb4
lenkt in die vorherige Variante über.]
19...a5
20.Tab1
Sb4
21.Lb3
Lc3
22.Dg5
Droht anscheinend Gemeines. [ 22.De2
a2
23.Tbc1
Tc5!
( 23...a1D
24.Txa1
Lxa1
25.Txa1
würde den Freibauern unter Wert verkaufen.) 24.Tfd1
Lb5
25.De3
a4
26.Ld5
a1D
27.Txa1
Sxc2
28.Dg5
Lxa1
29.Dxg6+
Dg7
30.Lxf7+
Kf8
31.Dxg7+
Lxg7
32.Ld5
und Schwarz vollstreckt mit leichter Hand.]
22...Tc5!
23.e5!
Das ist viel stärker als das schnöde [ 23.Dxg6+?
Der Damenzug gewinnt zwar zunächst zwei Bauern, mündet aber in ein hoffnungsloses Endspiel, obwohl sich Weiß vorerst materiell drei Bauerneinheiten im Vorteil befindet! 23...Dg7
24.Lxf7+
Kf8
25.Dxg7+
Kxg7
26.Lb3
( 26.Ld5
ändert nicht viel. 26...Sxd5
27.exd5
a2-+
) 26...a4
27.Ld5
Sxd5
28.exd5
a2
29.Tbc1
Lb5
30.Tfe1
( 30.Sg5
verliert ebenso: 30...Lxf1
31.Se6+
Kf7
32.Sxc5
dxc5
33.Kxf1
a1D
34.Txa1
Lxa1
) 30...Lxe1
31.Sxe1
Lc4
32.Sf3
Lxd5
33.Sd4
Tc4
34.Sb5
Txc2
35.Ta1
Lc4
36.Sa3
Tb2
und die weiße Lage erweist sich als hoffnungslos. 37.g4
( 37.Sxc4
Tb1+
) 37...Ld3
38.Kg2
Le4+
39.Kh2
( 39.Kg3
Tb3+
40.Kf4
Lb1
41.Sc4
Tb4
) 39...Txf2+
40.Kg1
Tg2+
41.Kf1
Th2
Der Turm auf a1 segnet nun bald das Zeitliche.]
23...Kg7
24.Dh4
f6!
Verhindert Sg5 und zwingt Pandix zu einer Entscheidung mit dem e-Bauern. [ 24...Lxe5?
ist schwach: 25.Sg5
Dh8
( 25...f5
26.Dh7+
Kf6
27.Dh4
Kg7
28.Dh7+=
) 26.Dxh8+
Kxh8
27.Sxf7+
Kg7
28.Sxe5
dxe5
29.c4
und der schwarze Vorteil hat sich verflüchtigt.]
25.exd6
exd6
26.Df4
g5
27.De3
[ 27.Sxg5
geht nicht, weil der Turm auf c5 den Punkt überdeckt.]
27...De8!
Rybka strebt weiter munter Damentausch an.
28.Sd4
Dxe3
29.fxe3
Tc8
Bereitet a4 vor. Gleich scheitert der Vorstoß angesichts der Springergabel nach [ 29...a4
30.Le6
( 30.Lxa4?
Lxa4
31.Se6+
Kf7
32.Sxc5
dxc5
mit haushoher Gewinnstellung.) 30...Lxe6?
( 30...Le8
31.Sf5+
Kf8
32.Sxd6
Lg6
33.e4
a2
reicht sicher auch.) 31.Sxe6+
Kg6
32.Sxc5
dxc5
und Weiß kann sich noch wehren.]
30.g4
a4
31.Le6
Lxe6
32.Sxe6+
Kg6
33.Sd4
Lb2
Übereilt nichts. Taktische Tricks wie [ 33...a2
34.Txb4
Lxb4
35.Ta1
umschifft Rybka problemlos, auch wenn 35...Lc5
36.Txa2
a3
37.Sb3
Lxe3+
38.Kf1
Ta8
erneut den ganzen Punkt verspricht.]
34.c4
[ 34.Tf2
gestattet 34...a2
; 34.Kf2
Sxc2
35.Sxc2
Txc2+
36.Kf3
a2
37.Txb2
Txb2
38.Ta1
d5
39.Kg3
Kf7
40.Kf3
Ke6
und Weiß kann nur noch zusehen, wie der schwarze Monarch gen b3 strebt, um die Umwandlung des a-Bauern zu unterstützen.]
34...Txc4
35.Kf2
Sc2
36.Se2
Tb4
37.Sc1
Sxe3!
38.Sa2
[ 38.Kxe3?!
erlaubt den K.o.-Schlag 38...Ld4+
39.Kd3
Txb1
40.Kxd4
a2
41.Sxa2
Txf1
]
38...Tb3
39.Tfe1
Sc2
40.Th1
Le5
41.Tbd1
Tb2
Der Programmierer von Pandix hatte genug und gab auf. [ 41...Tb2
42.Sc1
a2
43.Sxa2
Txa2
44.Ke2
a3
und das nächste Ungeheuer rollt auf der a-Linie heran.] 0-1
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