Meko, die Kolumne von Hartmut Metz 51/2008

Georg Meier brilliert im deutschen Ersatzteam

Junger Trierer gehört zu den besten Spitzenspielern der Schach-Olympiade

von FM Hartmut Metz, 22. Dezember 2008

Die deutschen Teams haben bei der Schach-Olympiade in Dresden ihr gestecktes Ziel verfehlt. Mit 15:7 Punkten und Platz 13 unter 146 Mannschaften enttäuschten die Herren aber nicht im Gegensatz zu den Damen. Diese waren auf Position zwölf gesetzt und belegten mit 14:8 Zählern nur Rang 20 unter 111 Nationen (das Ergebnis hat sich im Vergleich zu den ersten Ergebnislisten nachträglich um einen Rang verbessert).

Die Männer-Auswahl von Uwe Bönsch sorgte mit einem glänzenden Start in den ersten sieben Runden für Furore. Bis dahin befanden sich Arkadij Naiditsch&Co. auf Augenhöhe mit der Weltspitze und verloren kein Match - weder gegen den Topfavoriten Russland noch gegen die hochgewettete Ukraine. Erst der spätere Silbermedaillen-Gewinner Israel vermochte den Gastgeber mit einem 2,5:1,5 zu stoppen. Knackpunkt war aber aus Warte von Spitzenspieler Naiditsch das anschließende 2:2 gegen Polen: "Das war unglücklich. Ich verpasste eine leichte zweizügige Gewinnkombination. Schlagen wir die, treffen wir auf Serbien statt die USA", hätte der Baden-Badener Bundesliga-Topscorer dann bessere Erfolgsaussichten gesehen. So folgte in der Vorschlussrunde die zweite Niederlage und der Verlust aller Medaillenchancen, während sich die Amerikaner Bronze sicherten.

Noch schlimmer erging es Bulgarien. In der ersten Runde glaubte Ex-Weltmeister Wesselin Topalow pausieren zu können - und prompt kassierte das Ensemble vom Balkan gegen Deutschland II eine 1,5:2,5-Schlappe! Verantwortlich war vor allem Georg Meier. Der von Werder Bremen tatkräftig unterstützte Jungprofi bot anschließend auch dem Weltranglistendritten Magnus Carlsen Paroli beim Remis und holte 7:2 Punkte. Damit zählte der 21-jährige Trierer zu den fünf besten Spitzenspielern der gesamten Olympiade! "Georg hat sich prächtig entwickelt, ist fleißig und arbeitet viel", lobt ihn die deutsche Nummer eins Naiditsch und sieht Meier künftig an seiner Seite im ersten Team.

Nachstehend sein Auftakterfolg gegen den bulgarischen Jungstar Iwan Tscheparinow.

Meier, G. (2558) - Tscheparinow (2696) [B54]
38. Olympiade Dresden, 13.11.2008

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sc6 5.Sc3 d6 6.g4!? Laut Otto Borik im "Schach-Magazin 64" der "Angriff ins Leere", mit dem Anatoli Karpow anno 1985 beim WM-Match seinen Widersacher Garri Kasparow überraschte. "Der Erfinder ist jedoch die vor wenigen Jahren verstorbene Bremer Fernschach-Koryphäe Hermann Heemsoth, der bereits 1970 so spielte", berichtet Borik. Sollte einer der beiden Rappen auf dem natürlichen Entwicklungsfeld f6 auftauchen, gedenkt ihn Weiß wieder umgehend zu vertreiben. 6...a6 7.Le3 Sge7 8.f4 b5 9.Sb3 Sg6 10.Df3 Dh4+ 11.Lf2 Df6 12.Lg3!? Gegen den starken Gegner hätte Meier auch [ 12.Le3 versuchen können, um zu sehen, ob der Bulgare mit einer Zugwiederholung durch 12...Dh4+ zufrieden ist. ( 12...Sce5? taugt nichts wegen 13.Dg3 Sc4 14.Lxc4 bxc4 15.Sa5 Dd8 16.Sxc4 Dc7 17.b3 ) ] 12...Sce5 13.De3 Weiß muss einen Bauern opfern, was Meier jedoch sicher schon bei 12.Lg3 bedacht hatte. Für das Material erhält er Entwicklungsvorsprung. 13...Sxg4 14.De2 h5 15.e5!? [ 15.h3 ist interessant: 15...h4 16.hxg4 hxg3 17.Txh8 Sxh8 18.Df3 Sg6 ( 18...d5 19.e5 ( 19.exd5 Ld6 20.dxe6 Dxf4! 21.Lg2 Tb8 22.exf7+ Sxf7 gewährt Schwarz eine überlegene Stellung.) 19...Dh4 20.0-0-0 mit einem leichten weißen Plus.) 19.e5 Dxf4! 20.Dc6+ ( 20.Dxa8 Df2+ 21.Kd1 Dxf1+ 22.Kd2 Df4+ 23.Kd1 Dxg4+ 24.Se2 Kd8 25.Dg2 Sf4 26.De4 g2 27.Kd2 Dxe2+ 28.Dxe2 Sxe2 29.Kxe2 dxe5 30.Kf2 Lb7 und Schwarz gewinnt das Endspiel.) 20...Kd8 21.Db6+ Kd7 22.Sc5+ Ke8 ( 22...dxc5 23.Td1+ ) 23.Dc6+ Kd8 24.Db6+ mit Dauerschach.] 15...dxe5 16.Lg2 Ta7 17.fxe5 Dg5! Verhindert die lange weiße Rochade, nach der es für den schwarzen König gefährlich werden kann. [ 17...S4xe5 18.0-0-0 Dg5+ 19.Kb1 Td7 20.Tde1 mag noch angehen aus Warte des Nachziehenden - aber wohl fühlt man sich in solch einer Stellung nicht. Und das gilt für einen Angriffsspieler für Tscheparinow umso mehr, wenn er in die Verteidigung gerät.] 18.0-0 h4 19.Se4 Dh5 20.Lf2 Sf4? [ 20...Td7! 21.Sbc5 Tc7 22.Tad1 Sxf2 23.Dxf2 h3 24.Lf3 Dh4 behält die Oberhand. ( 24...Dxe5? spielt Weiß dagegen in die Karten: 25.Sd3 Df5 26.Db6 Td7 ( 26...Txc2? 27.Tf2! Txf2 28.Se5!! Danach kann Schwarz das Matt auf d8 nicht mehr befriedigend parieren.) 27.Sg3 Dg5 28.Lc6 Se7 29.Lxd7+ Lxd7 und die gewonnene Qualität verbürgt einen weißen Vorteil, auch wenn die Partie noch lange nicht entschieden ist.) ] 21.Df3 Sxf2 [ 21...Sxg2? 22.Lxa7 h3 23.Sf6+!! gxf6 24.Dc6+ Ld7 25.Da8+ Ke7 26.Lc5# ] 22.Dxf2 Wirft ein Auge auf den Turm auf a7, zudem hängt der Springer auf f4. 22...Dg6 [ 22...Se2+ 23.Kh1 Td7 24.Lf3 Sg3+! 25.Sxg3 hxg3 26.Dxg3 Lb7 27.Lxb7 Txb7 28.Tad1 Le7 29.Dg2 Tb8 30.Sd4 Tc8 31.Sc6 Lc5 32.Td3 Lb6 ergibt keinen großen Vorteil für Meier, aber die Stellung spielt sich auf jeden Fall für ihn leichter.] 23.Dxf4 h3 24.Tf2 Lb7? [ Nach 24...hxg2! 25.Txg2 Dh6 26.Df2 Td7 27.Sbc5 Td5 28.Tf1 Lxc5 29.Sxc5 f5! 30.exf6 gxf6 31.b4 Tf5 32.De2 Txf1+ 33.Kxf1 Dc1+ hat Schwarz nichts zu befürchten.] 25.Td1 Le7?! [ 25...Ta8 rettet auch nichts mehr: 26.Sa5 Ld5 27.c4! bxc4 28.Sxc4! Lxc4 29.Sf6+!! gxf6 30.Dxc4 Td8 ( 30...Le7 31.Dc6+ Kf8 32.Dxa8+ ) 31.Dc6+ Ke7 32.Dc7+ Ke8 33.Dxd8# ] 26.Sf6+! Beendet die Partie am spektakulärsten. Es genügt auch [ 26.De3 Ta8 27.Dd3 Td8 28.Sd6+ Txd6 ( 28...Lxd6 29.Dxg6 fxg6 30.Lxb7 ) 29.exd6 Dxd3 30.Txd3 Lxg2 31.dxe7 mit Mehrturm.] 26...Kf8 [ 26...gxf6 27.exf6 Ta8 Um Db8+ zu verhindern. 28.Dc7! Lxf6 ( 28...Lxg2 29.Dxe7# ) 29.Dxb7 Td8 30.Txd8+ Lxd8 ( 30...Kxd8 31.Td2+ Ke8 32.Dc8+ Ke7 33.Td7# ) 31.Sc5 0-0 32.Sd7 Te8 33.Df3 Lh4 34.Te2 Td8 ( 34...hxg2 verliert wegen 35.Txg2 Lg5 36.h4 f6 37.Sxf6+ ) 35.Dxh3 Lg5 36.Se5 Td1+ 37.Kf2 Df6+ 38.Sf3 und Weiß hat die Mehrfigur endlich gesichert.] 27.Td7 Lxg2 28.Txa7 Th6 Auf jedes harmlose Läuferabzugsschach folgt Dg3, weshalb Schwarz immer einen Turm weniger in der Bilanz aufweist. 29.Txe7! Ein schöner Abschlusszug der Kombination. Tscheparinow akzeptierte danach die Niederlage. [ 29.Txe7 Kxe7 30.Db4+ Kd8 31.Df8+ Kc7 32.Se8+ Kb6 33.Dc5+ Kb7 34.Sd6+ Ka8 35.Dc8+ Ka7 36.Dc7+ Ka8 ( 36...Lb7+ 37.Kf1 nebst undeckbarem Matt auf b7.) 37.Db6 Lf3+ 38.Kf1 Dg4 39.Sc5 Lg2+ 40.Ke1 Db4+ 41.c3 Dg4 42.Dxa6+ Kb8 43.Sd7+ Kc7 44.Dc8# ] 1-0