Werden Roboter dereinst die Weltherrschaft übernehmen? "Die nächsten 50 Jahre nicht", glaubt Stefan Meyer-Kahlen und schiebt nach, "in ein paar Jahrhunderten sicher." Der Düsseldorfer zählt zu den Pionieren in einer Sparte, in der Computer mittlerweile bessere Entscheidungen als Menschen treffen: Schach. "Auf Tophardware hat keiner mehr in einem Match eine Chance gegen Programme, auch wenn vielleicht noch die ein oder andere Partie verloren geht", glaubt der Schöpfer von Rekordweltmeister "Shredder". Bei der am Dienstag beginnenden WM in Bonn zwischen Titelverteidiger Viswanathan Anand (Indien) und Wladimir Kramnik (Russland) wird der zwölffache Computer-Champion den Zuschauern als Analysehilfe tiefere Einblicke gewähren als die besten Großmeister.
Sieht Meyer-Kahlen Grenzen für die Elektronenhirne? Der 38-Jährige schüttelt den Kopf. Schon jetzt durchforstet sein "Kind" bei entsprechender Hardware durchschnittlich etwa zehn Millionen Züge pro Sekunde - obwohl "Shredder" ein "eher langsames Programm ist, das mehr auf genaue Bewertungen setzt". 9,9 Millionen der abgearbeiteten Züge seien zwar "Müll, aber den muss man durchwühlen, um manchmal etwas Außergewöhnliches zu finden", erläutert der Programmierer. Da das Müll-Recycling offensichtlich flott erfolgt, rechnet "Shredder" in einfachen Stellungen bis zu 40 Halbzüge tief (also 20 weiße und 20 schwarze Züge).
Während der Mind Sports Games in Peking, bei denen außer Schach unter anderem Go, Dame, Bridge und Backgammon gespielt wurde, fand die 16. Computer-WM statt. Meyer-Kahlen verpasste dabei den 13. Titel seit 1996. Nach neun Runden stand lediglich Platz fünf mit 4,5 Punkten zu Buche. Einmal mehr demonstrierte "Rybka 3" seine außerordentlichen Fähigkeiten. Das im Vergleich zu "Shredder 11" noch junge Programm des US-Amerikaners Vasik Rajlich deklassierte die Konkurrenz. Mit acht Zählern lag der "kleine Fisch", wie "Rybka" übersetzt heißt, weit vor "Hiarcs" (7), "Junior" (6) und "Cluster Toga" (5,5).
Dass das Fischlein den Daten-"Müll" am besten durchkämmt und verwertet, bewies "Rybka" auch in der sechsten Runde gegen ein Handy. Das Programm von Rajlich zerfetzte "Mobile Chess". Das auf einem Nokia 6120c laufende punktlose Schlusslicht war von der Hardware natürlich klar im Nachteil - für die meisten menschlichen Spieler wird "Mobile Chess" aber schon zu stark sein. Bald nicht nur im Schach? "Shredder"-Schöpfer Meyer-Kahlen sieht keine Vorteile für die Erde: "Computer sind genauso überflüssig wie Menschen und verbrauchen nur Strom", äußert der Düsseldorfer mit einem Augenzwinkern zur Machtübernahme durch Elektronenhirne.
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Rybka - Mobile Chess [B81]
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Vasik Rajlich