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Keiner will in der Bundesliga spielen

Rückzüge aus dem für Marketing "wenig attraktiven" Schach-Oberhaus

von FM Hartmut Metz, 27. April 2008

 

Die Schach-Bundesliga ist ein unrentables Geschäft. Allen Vermarktungs-Bemühungen zum Trotz ziehen jedes Jahr Vereine ihre Mannschaften zurück. Die Ausgaben halten sich zwar für ein gutes Team im niedrigen sechsstelligen Bereich - Einnahmen werden aber fast nur durch Mäzene erzielt. Die sind oft launisch und springen von einem Tag auf den anderen ab.
Arkadij Naiditsch
Arkadij Naiditsch

Nach der Schlussrunde am Sonntag in Baden-Baden hatte Joachim Brüggemann, Vizepräsident beim vermeintlichen Absteiger Erfurter SK, schon geahnt: "Es wäre ja das erste Mal, dass sich keine Mannschaft zurückzieht." Zwei Tage später verkündete auch tatsächlich der TSV Bindlach-Aktionär seinen Abschied. Geldgeber Bernd Förtsch, Herausgeber des Börsenmagazins "Der Aktionär", begründet den Schritt mit der Analyse, "die Schach-Bundesliga ist noch nicht optimal strukturiert". Derzeit sei sie als "Plattform für Marketingpartner wenig attraktiv". Wegen der künftig höheren Kosten, etwa durch Internet-Live-Übertragungen, nutzt der Tabellen-13. Godesberger SK als bester Absteiger die Chance auf den Klassenerhalt nicht. So kann Erfurt im Oberhaus bleiben - wenn es sich der Tabellendrittletzte wegen der steigenden Ausgaben nicht noch anders überlegt. Sollten die Thüringer ebenso passen, gerät die 16er-Liga langsam in Schwierigkeiten - Absteiger SK Zehlendorf signalisierte bereits wenig Interesse an einem Verbleib im Oberhaus.

Rühmliche Ausnahmen, was das vieljährige Engagement in der Schach-Bundesliga anlangt, sitzen in Solingen und Baden-Baden. Durch seine Konstanz wie finanzielle Potenz sorgte Wolfgang Grenke dafür, dass sowohl Damen wie Herren erstmals gleichzeitig die deutsche Meisterschaft an die Oos holten. Und weit und breit ist niemand zu sehen, der die Erfolgsserie des OSC stoppen kann. Heuer garantierten aber nicht die Topstars um Weltmeister Viswanathan Anand den Titel. Die besten Ausländer spielten alle nur zweimal in 15 Runden. Vor allem die deutschen Großmeister trumpften in der vergangenen Saison auf. Noch besser als der Baden-Badener Philipp Schlosser (11:4 Punkte) schnitt Arkadij Naiditsch ab. Der Dortmunder gab in 13 Partien lediglich drei Remis ab. In der Schlussrunde zerpflückte der 22-Jährige beim 6:2 über Erfurt an Brett vier den Polen Robert Kuczynski in nur 24 Zügen.











Kuczynski (2483) - Naiditsch (2639) [C55]
Erfurter SK - OSC Baden-Baden 2:6, 20.04.2008

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Sf6 4.d3 Le7 5.0-0 0-0 6.Te1 d6 7.c3 Kh8 8.h3 Weiß agiert wenig ambitioniert und überlässt schon in der Eröffnungsphase dem Nachziehenden das Handeln. 8...Sg8 9.d4 f5 10.dxe5 fxe4 11.Txe4? Sieht natürlich aus, erweist sich jedoch gleich als Fehler. [ 11.exd6 exf3 12.dxe7 Dxd1 13.Txd1 Sgxe7 14.Lf1 fxg2 15.Lxg2 führt zu einem ausgeglichenen Endspiel.] 11...Txf3! Ein prächtiges zweischneidiges Qualitätsopfer, das die Bauernstruktur vor dem weißen Monarchen zerstört. 12.gxf3?! [ 12.Dxf3 ist wegen der Bauerngabel 12...d5 auch nicht erstrebenswert, bietet aber eher Chancen auf eine Punkteteilung. 13.Lxd5 Dxd5 14.c4! Ein starker Zwischenzug, der die Dame auf ein schlechtes Feld zwingt. 14...Dc5 ( 14...Dd8 15.Le3 Le6 16.Sc3 gewährt angesichts des besseren Figurenspiels und zweier Bauern für zwei Figuren genügend Kompensation.) 15.Le3 Db4 16.De2 Lf5 17.Tf4 Le6 18.Sc3 Sxe5 19.Ld4 Sg6 20.Dxe6 Sxf4 21.De5 Sxh3+ 22.gxh3 Lf6 23.Db5 Dxb5 24.Sxb5 mit Ausgleich.] 12...Lf5 [ 12...Sxe5 kommt ebenso in Betracht.] 13.Te1 [ 13.exd6 Lxd6 ist gefährlich für Weiß.] 13...Sxe5 14.Lf1 De8 15.f4 Dg6+ 16.Kh2 Lg4! Ein weiterer spektakulärer Zug. 17.Le2 [ 17.hxg4 verbietet sich offensichtlich: 17...Sxg4+ und egal, wohin der König ausweicht, Schwarz gewinnt durch einen Springerzug die feindliche Dame.] 17...Lxe2 18.Txe2 [ Bei 18.Dxe2 muss Schwarz 18...Sd3 19.Tg1 Sxc1 20.Txc1 Tf8 21.Tg1 ( 21.De3!? ) 21...Dh6 22.Tg4 ( 22.Sd2 dürfte besser sein.) 22...d5! finden.] 18...Sf3+ 19.Kh1 Dh5 20.Kg2? Das verliert schnell. [ 20.Df1! bietet Verteidigungsressourcen. 20...Tf8 21.Sd2 Txf4 22.Sxf3 Dxf3+ 23.Kh2 Tf7 mit nahezu ausgeglichener Position.] 20...Tf8! 21.Dd3 [ Auf 21.Sd2 folgt 21...Dd5 22.Te4 Sh4+ ( 22...Sxd2? 23.f3! und der Springer kann nicht wegziehen.) 23.Kf1 Dd3+ 24.De2 Dxh3+ 25.Ke1 d5! 26.Txe7 Dh1+ 27.Sf1 Sf3+ 28.Kd1 Sxe7 und Schwarz behält die Oberhand.] 21...Tf6! Führt die letzte entscheidende Kraft heran. 22.Dxf3 Es gibt nichts Besseres. 22...Tg6+ 23.Dg4 Txg4+ 24.hxg4 Dd5+ [ 24...Dd5+ 25.Kg3 ( 25.Kf1 Dh1# ; 25.Kg1 Dd1+ ) 25...Dh1 26.Le3 ( 26.Txe7 Sxe7 27.Sa3 Sg6-+ ) 26...Lh4# ] 0-1



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