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Die Sensation der Olympiade in Leipzig: Bobby Fischer

Teil II zum Tod des amerikanischen Schach-Genies: Mit 15 bereits Großmeister

von FM Hartmut Metz, 2. Februar 2008

 

Bobby Fischer hat Rekorde aufgestellt, bei denen die Experten glaubten, sie seien für die Ewigkeit geschaffen. Doch das Schach-Genie, das am 17. Januar mit 64 Jahren auf Island starb, büßte mit der Zeit einige ein. So zunächst die Bestmarke als jüngster Schach-Großmeister aller Zeiten. Mit fünfzehneinhalb Jahren machte der legendäre Amerikaner den höchsten Titel, den der Schach-Weltverband FIDE verleiht, 1958 perfekt.

Ausgerechnet eine Frau brach dann diesen Rekord. Fischer hatte zeitlebens dem schwachen Geschlecht die geistigen Möglichkeiten dafür abgesprochen - und behauptete, er würde jedes Weib bezwingen, auch wenn er diesem eine Figur vorgeben würde. Da kannte er aber Judit Polgar noch nicht. Die weltbeste Schachspielerin gehört auch bei den Männern zu den Besten und hätte Fischer mit einer Figur mehr das Fell über die Ohren gezogen. Jedenfalls wurde die Ungarin schon mit 15 Jahren und vier Monaten Großmeister. Inzwischen haben 18 Spieler die Marke des Amerikaners unterboten!

Bemerkenswert bleibt auch Fischers Qualifikation für den WM-Zyklus. Dank des US-Titels, den er mit 14 ungeschlagen eroberte, war der gebürtige Chicagoer beim Interzonenturnier in Portoroz dabei. Als Fünfter stieg er mit 15 Jahren zum WM-Kandidaten auf. An gleicher Stätte im damaligen Jugoslawien belegte er unter acht Großmeistern erneut Rang fünf - der Sowjet Michail Tal zeigte sich jedoch deutlich überlegen, schlug den Wunderknaben in allen vier Partien und entthronte anschließend auch Weltmeister Michail Botwinnik.

Das erste Remis gegen Tal gelang Fischer bei der Olympiade 1960 in Leipzig. Vor der Partie hatte der Schlaks nach dem "Hexer von Riga" gegriffen und tat so, als lese er aus dessen Hand: "Ich kann sehen, dass der nächste Weltmeister ein junger Amerikaner sein wird", prophezeite der 17-Jährige. In Leipzig war der Jungstar auch ohne diesen Titel die Sensation und führte das US-Team zur Silbermedaille hinter der übermächtigen Sowjetunion. In der Qualifikationsgruppe D verewigte sich Fischer gegen Chile mit einem seiner genialsten Züge.











Letelier Martner - Fischer [E70]
Olympiade Leipzig, Qualifikationsgruppe, 24.10.1960

1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 0-0 5.e5 Se8 6.f4 d6 7.Le3 c5 8.dxc5 Sc6 9.cxd6 exd6 10.Se4 Lf5 11.Sg3? Le6 12.Sf3 Dc7 13.Db1 dxe5 14.f5 e4! 15.fxe6 exf3 16.gxf3 f5 17.f4 Sf6 18.Le2 Tfe8 19.Kf2 Txe6 20.Te1 Tae8 21.Lf3 Txe3! 22.Txe3 Txe3 23.Kxe3 Dxf4+!! [ 23...Dxf4+ 24.Kf2 ( 24.Kxf4 Lh6# ) 24...Sg4+ 25.Kg2 Se3+ 26.Kf2 Sd4 27.Dh1 Sg4+ 28.Kf1 Sxf3 mit ebenfalls baldigem Matt.] 0-1



Mit einem schönen Damenopfer schloss Fischer auch eine freie Partie 1963 in New York gegen Reuben Fine ab. Das Treffen ist nicht nur bemerkenswert, weil der Sieger die Kurzpartie in sein Buch "Meine 60 denkwürdigen Partien" aufnahm. Fine ist zum einen einer von mehreren amerikanischen Schach-Größen, die in ihrer Blütezeit abtraten. Dazu zählen die geistig umnachtet gestorbenen Paul Morphy und Harry Pillsbury ebenso wie später Fischer. Fine widmete sich zum anderen der Psychoanalyse und diagnostizierte bei dem jungen Genie auch früh schon menschliche Defizite und die Hinwendung zum Schach, weil Fischer ohne Vater aufgewachsen war.











Fischer - Fine [C52]
Freie Partie New York, 1963

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Lc5 4.b4!? Lxb4 5.c3 La5 6.d4 exd4 7.0-0 dxc3 8.Db3 De7?! [ Der russische Vorkämpfer Michail Tschigorin empfahl im 19. Jahrhundert 8...Df6 9.e5 Dg6 10.Sxc3 Sge7 11.Se2 oder ( 11.La3~~ mit unklarem Spiel.) ] 9.Sxc3 Sf6? [ 9...Db4 ist wohl noch am ehesten spielbar. 10.Lxf7+ Kd8 11.Lg5+ ( 11.Lxg8? Dxb3! ) 11...Sge7 12.Sd5 Dxb3 13.axb3 Lb4 14.Tfd1 und Schwarz hat einen schweren Stand.] 10.Sd5! Sxd5 [ Chancenlos ist auch 10...Dxe4 11.Lg5! Se5 ( 11...0-0 12.Lxf6 und Schwarz darf wegen der Springergabel auf f6 nicht zurücknehmen.) 12.Lxf6 Sxf3+ 13.gxf3 Dg6+ 14.Kh1 gxf6 15.De3+ Kf8 16.De7+ Kg7 17.Tg1 ] 11.exd5 Se5 [ 11...Sd8 12.La3 d6 13.Db5+ ] 12.Sxe5 Dxe5 13.Lb2 Dg5 14.h4! Dxh4 [ 14...Dh6 15.Da3!+- Greift den Läufer an und verhindert durch den Blick nach f8 die rettende Rochade. 15...Ld2 16.Tae1+ Lxe1 17.Txe1+ Kd8 18.De7# ; Auch bei 14...Dg4 gewinnt wiederum 15.Da3! c5 ( 15...Dxc4 16.Tae1+ Lxe1 17.Txe1+ Kd8 18.De7# ; 15...d6 16.Lb5+ ) 16.Tfe1+ Lxe1 17.Txe1+ Kd8 18.d6! Te8 ( 18...Dxc4 19.Lxg7 ) 19.Txe8+ Kxe8 20.De3+ Kf8 21.De7+ Kg8 22.De8# ] 15.Lxg7 Tg8 16.Tfe1+ Kd8 [ 16...Lxe1 17.Txe1+ ändert nichts.] 17.Dg3! [ 17.Dg3! Das Matt ist nicht mehr zu verhindern: 17...Dxg3 18.Lf6# ] 1-0



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