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Robert Sutterer: Leise war sein Stil

Stille Baden-Badener Schach-Legende zeichneten Nibelungentreue und Fairness aus

Von FM Hartmut Metz, 13. Januar 2008

 

Leise war sein Stil. Ein lautes Wort haben die Wenigsten von dem Gentleman je vernommen. Stets zeigte sich der introvertierte Baden-Badener perfekt gekleidet vom Scheitel bis zur Sohle. Selbst bei brütender Hitze spazierte Robert Sutterer gemessenen Schrittes mit Jackett, Krawatte und edlem Schuhwerk kilometerlang durch die Region. Bedächtig setzte der Stadtamtmann einen Schritt vor den anderen, bedächtig redete der Schweigsame, bedächtig arbeitete er als Rechnungsprüfer - und bedächtig spielte der am 2. Januar verstorbene 86-Jährige Schach.

In seiner Passion ging Sutterer auf. Hier war die Baden-Badener Schach-Legende auch einmal ein Draufgänger und durfte brachial angreifen. Hier lebte Sutterer seinen Hang zum Perfektionismus aus. Stets war der badische Meister von 1966 auf der Suche nach der Wahrheit auf dem Brett und dem besten Zug. Dies war allerdings auch seine Schwäche, die noch größere Erfolge verhinderte. Der Kurstädter geriet regelmäßig in Zeitnot und verdarb so manch vorher hart erarbeiteten Vorteil. Aber selbst wenn er die Bedenkzeit von zweieinhalb Stunden für 50 Züge überschritten hatte, zeigte der aufgewühlte Spitzenspieler der SG Baden-Baden nie seinen Ärger und bewahrte Haltung. Auch deswegen galt Sutterer als durch und durch fairer Sportsmann.

1937 war der damals 16-Jährige in die Schachgesellschaft eingetreten und blieb dieser ungeachtet zahlreicher Offerten stärkerer Vereine 70 Jahre treu! Seit 1949 saß er für die SG stets am ersten Brett! Folgerichtig erhob ihn sein vieljähriger Klubpräsident und Bewunderer, Herbert Hauser, 1974 zusammen mit den SG-Mitgliedern zum Ehrenvorsitzenden. Der Badische Schachverband (BSV) verlieh seinem Nestoren-Meister 2003 die Goldene Ehrennadel für "herausragende Verdienste", wie BSV-Präsident Fritz Meyer nach dem Tod der Koryphäe hervorhob.

Erstmals machte Sutterer nach dem Zweiten Weltkrieg bundesweit auf sich aufmerksam. Der Baden-Badener schlug in einem Match den späteren Gambit-Papst Emil-Joseph Diemer mit 3:1. Bei den deutschen Meisterschaften 1978 in Bad Neuenahr verzeichnete der dreifache badische Vizemeister mit 5,5:5,5 Punkten ein ausgeglichenes Ergebnis und bezwang unter anderem den aufstrebenden späteren Großmeister Stefan Kindermann. 1987 durfte der Verstorbene in seiner Heimatstadt für die deutsche Nationalmannschaft gegen Kuwait antreten und steuerte zu den beiden 8:0 zwei Siege bei.

Die nachstehende Partie stammt aus dem Meister-B-Turnier des Badischen Schachkongresses 1990. In der ersten Runde schlug Sutterer in Mannheim den sehr starken Freiburger Helmut Scherer.











Sutterer - Scherer
Meister B-Turnier Badischer Schachkongress Mannheim, 1990

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Sutterer greift ausnahmsweise mit dem Läuferzug zu Italienisch statt Spanisch. 3...Le7 Eine passive Spielweise, die dem Läufer keine optimale Entwicklungsmöglichkeit gönnt. 4.d4 d6?! 5.d5 Das schränkt zwar den Läuferausblick gegen den neuralgischen Punkt f7 ein, gewinnt dafür jedoch Raum. 5...Sb8 6.Ld3 Sf6 7.c4 0-0 8.Sc3 c5 9.h3 Sa6 10.Le3 Ld7 11.a3 Se8 12.0-0 g6 13.g4! Ein konsequenter Zug, um den Gegner vom befreienden Vorstoß f5 abzuhalten. Dieser würde Schwarz gute Angriffschancen am Königsflügel einräumen, während Weiß am Damenflügel nicht schnell genug vorankäme. Die geschwächte weiße Königsstellung darf in diesem Fall vernachlässigt werden, da Schwarz nicht genügend Figuren zur Attacke einsetzen kann. 13...f5 14.gxf5 gxf5 15.exf5 Lxf5 16.Lxf5 Txf5 17.Se4 Weiß steht besser: Der Abtausch der weißfeldrigen Läufer erweist sich für ihn als Vorteil. Der Springer fand ein Idealfeld auf e4. 17...Kh8 18.Kh2 Sg7 19.Tg1 Sc7 20.De2 Dd7 21.Lh6 Lf8? [ 21...Tg8 muss geschehen, auch wenn Scherer danach äußerst passiv steht. 22.Tg3 Sce8 23.Tag1 Th5 24.De3 a6 25.b3 Df5 Jetzt erobert zwar Weiß Material, aber 26.Sfg5 Txh6 27.Tf3 Lxg5 28.Sxg5 Tg6! 29.Txf5 Sxf5 30.Dc1 Sd4 31.Sf7+ Kg7 32.Txg6+ hxg6 33.Sg5 bietet noch gewisse Widerstandsmöglichkeiten.] 22.Sh4 Tf7 23.Tg5 b5? [ 23...Sce8 ist wieder Pflicht, um auf g7 gegenzuhalten.] 24.Tag1 bxc4 25.Dh5! Dieser Damenzug dürfte Scherer in der Vorausberechnung entgangen sein. 25...Sce8 [ Die stärkste weiße Figur ist tabu: 25...Sxh5?? 26.Tg8# ] 26.Sg6+! Nach diesem zweiten Opferangebot kann Schwarz die Segel streichen. 26...Kg8 Oder [ 26...hxg6 27.Lxg7+ Kxg7 28.Txg6# ] 27.Sxf8 Kxf8 28.Lxg7+ Txg7 29.Tf5+ [ 29.Tf5+ Der Nachziehende streckte die Waffen wegen 29...Kg8 30.Txg7+ Kxg7 ( 30...Sxg7 31.Sf6+ Kf8 ( 31...Kh8 32.Dxh7# ) 32.Sxd7+ Ke7 33.Dg5+ Kxd7 34.Dxg7+ Kc8 35.Tf8# ; 30...Dxg7 31.Tg5 ) 31.Dg5+ Kh8 32.Tf8# ] 1-0



Diese und weitere Partien von Robert Sutterer finden Sie in dieser pgn-Datei.

Robert Sutterer
Robert Sutterer, Menton 1987
Foto: Reinald Kloska


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