Karpow besucht alten Rivalen im KnastEingekerkerter Kasparow als Politiker glücklos - als Schach-Autor genialText und Foto von FM Hartmut Metz, 8. Dezember 2007 |
Glaubt man dem englischen "Daily Telegraph" gehört Garri Kasparow zu den 100 größten lebenden Genies auf dem Globus. Außer ihm nahm das Blatt nur einen zweiten Schach-Weltmeister, den Amerikaner Bobby Fischer, in die erstellte Liste auf. Weniger in Ehren wird Kasparow derzeit in der russischen Politik gehalten. Sein Kampf gegen Präsident Wladimir Putin scheint so mutig wie aussichtslos. Das meint auch sein alter Erzrivale am Brett, Anatoli Karpow. Immerhin hat der Russe seinem Nachfolger auf dem WM-Thron manche Eskapade nachgesehen - bei der sich im Übrigen Kasparow nie wie ein Demokrat gebärdete, sondern stets als Schach-Diktator aufführte. Im Vergleich dazu geht selbst ein Wladimir Putin subtil vor.
Jedenfalls versuchte Karpow den inhaftierten Kasparow - der 44-Jährige war nach einer Demonstration zu fünf Tagen Gefängnis abgeurteilt worden - zu besuchen. Da die Wärter den 56-Jährigen nicht in die Zelle ließen, gab Karpow eine "Schachzeitung ab, damit er etwas zu lesen hat". Auch wenn die beiden Kampfhähne politisch nicht auf einer Linie liegen, so scheinen sie mittlerweile doch einander zu respektieren.
Anatoli Karpow
Dies zeigt sich auch im letzten Teil von "Meine großen Vorkämpfer". In seiner historisch wertvollen siebenbändigen Reihe beleuchtet Kasparow zum Abschluss die Künste von Karpow und dessen dreifachem WM-Kontrahenten Viktor Kortschnoi. Den inzwischen 76-jährigen Schweizer würdigt Kasparow vor allem auch wegen seiner unglaublich langen Schaffensperiode in der Weltspitze, an die wohl nicht einmal der Deutsche Emanuel Lasker, Weltmeister von 1894 bis 1921, heranreicht. Das fast 500 Seiten starke Werk (ISBN 978-3-283-00476-7) kostet 39,95 Euro und ist wie die vorherigen sechs Bände sein Geld wert. Die ganze Serie "Meine großen Vorkämpfer" bietet der Verlag Edition Olms jetzt bis Ende März zum Vorzugspreis von 199 Euro (statt 234,70 Euro) an. Für passionierte Schachspieler sind die geschichtsträchtigen 2 364 Seiten in jeder Beziehung ein kostbares Weihnachtsgeschenk.
Das nachstehende Partiefragment stammt aus dem ersten Match zwischen Karpow und Kortschnoi. 1974 schien es "nur" darum zu gehen, wer Weltmeister Bobby Fischer herausfordern darf - da der Amerikaner jedoch nie antrat, wurde der Sieger des Kandidaten-Finales neuer Champion. Karpow legte bereits in der zweiten Runde den Grundstein zu seinem Erfolg.
|
Karpow (2700) - Kortschnoi (2670)
|
Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft kommen auch die neuesten Versionen der beiden führenden deutschen Schach-Programme in die Läden. Dass die von ChessBase vertriebenen DVDs (jeweils 49,99 Euro) weiter an Spielstärke zulegten, ist fast unerheblich: "Fritz 11" steigerte sich angeblich um weitere 80 Elo-Punkte - dabei schlug das Programm bereits im Vorjahr Weltmeister Wladimir Kramnik mit 4:2. Gar einen Zuwachs von 100 Elo verspricht Stefan Meyer-Kahlen, der Programmierer von Rekordweltmeister "Shredder". Der größte Vorteil seiner elften Version besteht in der noch realistischeren Bewertungsfunktion. Somit kann der Spieler präziser analysieren, wie gut oder schlecht er in einer Partie stand. Neben allerlei Zusatznutzen (beispielsweise Übungsvideos mit Kasparow, Kortschnoi, Kramnik&Co.) bietet "Fritz 11" vor allem eine neue wunderbare Funktion: Rechentraining. Der Spieler verfolgt Live-Partien und gibt seine Zugfolge, die er für logisch hält, ein. Der Clou dabei: Die Ausgangsstellung auf dem Brett verändert sich - wie während einer eigenen Turnierpartie - nicht. Anschließend bewertet und verbessert Fritz die gewählten Züge.