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Gelfand bleibt Anand auf den Fersen
Die zwei ältesten Teilnehmer dominieren in Mexiko vor Weltmeister Kramnik
von FM Hartmut Metz, 22. September 2007
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Bei der Schach-WM in Mexiko City bleibt es zur Halbzeit spannend. Anders als beim letzten WM-Turnier 2005 in Argentinien, als der Bulgare Wesselin Topalow furios mit 6,5:0,5 Punkten startete, konnte sich kein Spieler vorentscheidend absetzen. Allerdings wird der Weltranglistenerste Viswanathan Anand seiner Rolle als Topfavorit gerecht. Zum Abschluss der Vorrunde bremste der Inder in Diensten des deutschen Meisters OSC Baden-Baden den bis dahin durch Opferorgien brillierenden Alexander Grischuk (Russland) aus. Mit 5:2 Punkten liegt Anand damit bereits einen vollen Zähler vor Titelverteidiger Wladimir Kramnik, der gegen Boris Gelfand nicht über ein Remis hinauskam.
Der Israeli ist die positive Überraschung der WM. Der 39-Jährige aus Minsk spielt zwar wenig aufregendes Schach, aber das sehr solide und nahezu fehlerlos. Mit zwei Siegen und fünf Unentschieden hat sich Gelfand (4,5:2,5) zum gefährlichsten Rivalen von Anand gemausert. Als einziger Kollege hatte der ab 1. Oktober neue Weltranglistenzweite, Wassili Iwantschuk, den ältesten Teilnehmer in Mexiko als künftigen Weltmeister getippt!
Für Grischuk (3,5:3,5) wird es nach der Niederlage im direkten Duell schwer, nochmals zu Anand aufzuschließen. Aus dem Kreis der Anwärter auf den Titel sind die als Mitfavoriten genannten Peter Leko (Ungarn) und Lewon Aronjan (Armenien) sicher ausgeschieden. Zwei Punkte Rückstand auf Anand sind in den nächsten sieben Runden kaum mehr aufzuholen. Am Ende des Feldes liegen die Russen Peter Swidler und Alexander Morosewitsch (beide 2,5:4,5). Bei Letzterem zeigte sich einmal mehr, dass er die zweite Reihe seiner Gilde austricksen kann - gegen die Besten der Besten reicht es allerdings nicht. Der Weltranglistenfünfte war so auch dem Druck von Kramnik nicht gewachsen, der ihn in 27 Zügen ausknockte.
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Kramnik (2769) - Morosewitsch (2758)
Weltmeisterschaft Mexico City, 14.09.2007
1.Sf3
Sf6
2.c4
e6
3.g3
d5
4.d4
dxc4
[ 4...Le7
5.Lg2
0-0
6.0-0
dxc4
7.Dc2
a6
8.Dxc4
b5
9.Dc2
Lb7
ist nicht nur die Variante von Viswanathan Anand gegen Katalanisch - neben dem Weltranglistenersten spielt auch der Weltmeister selbst so mit Schwarz. In der sechsten Runde der WM kam Kramnik damit zu raschem Ausgleich gegen Lewon Aronjan.]
5.Lg2
a6
6.Se5
Lb4+
7.Sc3
Sd5
8.0-0!?N
Eine Neuerung. Bisher wurde das bescheidene [ 8.Ld2
gespielt oder; 8.Dc2
Sxc3
9.bxc3
Dxd4
10.Da4+
Sd7
( 10...Sc6??
11.Lxc6+
bxc6
12.Dxc6+
Kf8
13.0-0
Dxe5
14.Dxa8
) 11.Dxb4
Dxe5
12.Dxc4
und das Läuferpaar verspricht gute Kompensation für den geopferten Bauern.]
8...0-0
[ Der interessanteste Widerlegungsversuch ist gewiss 8...Sxc3
9.bxc3
Lxc3
10.Tb1
Doch Morosewitsch konnte sich denken, dass sein Kontrahent diese Varianten alle perfekt vorbereitet hatte und er daher eher in eine Falle getappt wäre. Deshalb versucht es der Russe lieber mit einer ruhigeren Fortsetzung. 10...Lxd4
( 10...Dxd4!?
11.Da4+
b5
( 11...Sd7
12.Lf4
0-0
13.Tfd1
Dxd1+
14.Txd1
Lxe5
15.Lxe5
Sxe5
16.Da5
ist für Weiß besser.) 12.Da3
Dxe5
13.Lf4
Df6
14.Lxa8
e5
15.Dxc3
exf4
16.Dxf6
gxf6
17.gxf4
Lf5
ist für Schwarz sicher nicht schlechter.) 11.Sxc4
0-0
12.La3
Te8
13.e3
Lf6
14.Dc2
und Weiß verfügt über Druckspiel für die zwei Bauern, da sich Schwarz kaum rühren kann.]
9.Dc2
b5
10.Sxd5
exd5
11.b3!
Der Anziehende darf nicht zögerlich spielen und muss die gegnerische Bauernphalanx umgehend auflösen. Ansonsten droht diese zu mächtig zu werden.
11...c6
12.e4
f6!
Drängt den Springer auf das schlechtere Feld nach f3 zurück.
13.exd5!
Derlei Figurenopfer hat Kramnik zu Hause sicher schon näher betrachtet.
13...fxe5
[ 13...cxd5?
14.bxc4
bxc4
15.Sxc4+/-
führt zu einer schlechten schwarzen Stellung.]
14.bxc4
exd4
15.dxc6
Momentan kommt der Springer auf b8 nicht ins Spiel, weshalb die schwarze Mehrfigur noch nicht zum Tragen kommt.
15...Le6?!
[ Mit dem logischen 15...Ta7!
entschwindet der Turm aus der langen Diagonale, die sich mit c7 zu öffnen droht. Danach verspricht 16.Db3
Lc3
17.cxb5+
Taf7
18.b6
den Übergang in eine verrückte Stellung. 18...Sxc6
19.Lxc6
Lxa1
20.La3
Df6
21.Ld5
Kh8
22.Lxf8
Txf8
23.b7
Lxb7
24.Lxb7
Lc3
sollte im Remis versanden!]
16.cxb5!
[ 16.c7?
gewinnt zwar Material zurück, erweist sich indes aber als unersprießlich für Kramnik: 16...Dxc7
17.Lxa8
Dxc4
18.Db1
( 18.Dxc4?
Lxc4
19.Td1
Lc3
20.Tb1
( 20.La3
b4
) 20...Lxa2
büßt die gewonnene Qualität samt eines weiteren Bauern ein.) 18...Lc3
19.Lb2
Sc6
und Schwarz steht exzellent.]
16...d3?
[ Großmeister Sergej Schipow, der wie manch anderer seiner Kollegen die Partien live im Internet analysiert, empfahl 16...Ta7
17.Tb1
d3
18.Db2
d2
19.Lxd2
Lxd2
20.b6
Taf7
21.Tbd1?
Sxc6!
22.Lxc6
( 22.Txd2
Td7
23.Tfd1
Sb8
) 22...Dc8
stoppt die Bauernphalanx und verbleibt mit einer Mehrfigur. 21.c7 scheint daher geboten mit weiter unklarem Spiel.]
17.c7!
Dd4?
[ Alexander Baburin plädierte im täglichen E-Paper "Chess Today" für 17...dxc2
18.cxd8D
Txd8
19.Lxa8
axb5!
( 19...Lc3?
20.Lg5+-
) 20.Le4
( 20.Lb2
könnte mehr versprechen.) 20...Tc8
21.Lf4
La3
22.Lxb8
c1D
23.Tfxc1
Txc1+
24.Txc1
Lxc1
25.Lb1
b4
26.f4
La3!
27.Ld6
b3
28.Lxa3
bxa2
mit Friedensschluss.]
18.Da4!
Nun hängt zu viel bei Schwarz. Alle Figuren können nicht gerettet werden.
18...Sd7
[ 18...Dxa1?
19.Dxb4
De5
20.Lf4
Dxb5
21.Dd6
Df5
22.Lxa8
Sd7
23.Lg2
und langfristig ist gegen den mächtigen Bauern auf c7 kein Gras gewachsen.]
19.Le3
Dd6
20.Lxa8
Txa8
21.Lf4
Df8
22.b6
Se5?!
Morosewitsch versucht noch zu tricksen. Die beste Fortsetzung, [ 22...Sxb6
reicht wegen 23.Dc6
Lh3
24.Dxb6
Lxf1
25.Txf1
d2
26.Td1
Te8
27.Lxd2
auch nicht.]
23.Lxe5
Df3
24.Dd1
De4
25.b7
Tf8
26.c8D
Ld5
27.f3
und nachdem das Matt verhindert ist, gab Schwarz auf. 1-0
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