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"Zum Menschsein gehört Humor"

Psychotherapeut Helmut Pfleger analysiert die Spitzenspieler im Schach

von FM Hartmut Metz, 11. August 2007

 

 

   Helmut Pfleger trägt wie kein zweiter Großmeister zur Popularisierung des Schachspiels in Deutschland bei. Vergangenen Montag feierte der "Zeit"-Kolumnist den für Anhänger des königlichen Spiels symbolträchtigen 64. Geburtstag (Fortsetzung des Berichts der Vorwoche). Trotz einiger Rückschläge wie der Einstellung seiner TV-Sendung ist dem Münchner nicht bange um die Zukunft seines Denksports. Pfleger bedauert zwar das Fehlen einheimischer Vorbilder wie einst "Wolfgang Unzicker und Robert Hübner", was "eine "ganz große Rolle" beim medialen Abschwung gespielt habe. "Andererseits bewegt sich im Schulschach doch einiges. Langfristig darf man in diesem Bereich Hoffnungen hegen. Zudem halte ich das mehrfach ausgezeichnete Programm ,Fritz&Fertig' für eine selten gelungene Anleitung für Kinder! Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn durch die Kombination beider Faktoren nicht irgendwann mal ein deutsches Talent nach oben kommt."

   Als schädlich wertete der Mediziner auch das Titel-Tohuwabohu mit zwei Weltmeistern. "Gott sei Dank ist das vorbei. Selbst wenn es jetzt im September dieses Intermezzo mit der WM in Mexiko und einem folgenden Zweikampf geben wird, sieht es so aus, als ob es bei einem Weltmeister bleibt. Ich will an dieser Stelle auch nicht verhehlen, froh zu sein, dass es Wladimir Kramnik ist", gibt Pfleger zu. Der Weltmeister sei zwar nicht sein Lieblingsspieler, aber er schätze ihn zusammen mit dem Weltranglistenersten, den für Baden-Baden spielenden Inder Viswanathan Anand, besonders. "Das sind sehr nette, anständige Menschen, wirklich menschlich und mit Humor - im Gegensatz zu manch anderen, die an der Spitze waren."

   Negativ ist dem Psychotherapeuten vor allem der zwei Jahrzehnte dominierende Garri Kasparow, der in die russische Politik wechselte, in Erinnerung: "Ich bin überzeugt, zum Menschsein gehört Humor. Wer keinen Humor hat, dem fehlt etwas Essenzielles! Kasparow ist im Grunde völlig humorlos - im Gegensatz zu seinem Vorgänger Anatoli Karpow. Der hat zwar auch einiges auf dem Kerbholz, besitzt aber zumindest Humor!", befindet Pfleger. Bei Kasparow müsse "sich alles um ihn drehen, er kann nicht zuhören und auf sein Gegenüber eingehen, er erzählt und doziert", urteilt der Münchner über den mutigen russischen Oppositionspolitiker, der im Schach früher lediglich als Diktator und nie als Demokrat aufgefallen war.

   Ein eigenes Comeback am Brett besitzt für den 64-Jährigen derzeit keine Priorität. "Ei, ei, ei, das glaube ich eher nicht. Vielleicht spiele ich mal ein Seniorenturnier. Meditation, Yoga und Atemübungen sind mir derzeit allerdings in der knappen Freizeit wichtiger", betont Pfleger. Nachstehend daher eine weitere alte Kostprobe des "Jubilars", der beim kubanischen Capablanca-Gedenkturnier anno 1983 auftrumpfte.











Pfleger (2505) - Boudy (2335)
Capablanca Memorial Cienfuegos, 1983

1.d4 Sf6 2.Sf3 g6 3.g3 Lg7 4.Lg2 0-0 5.0-0 d6 6.Sc3 c5 7.d5 Sa6 8.e4 Sc7 9.a4 Lg4 10.h3 Lxf3 11.Lxf3 Tb8 12.Lg2 a6 13.a5 Sd7 14.f4 b5 15.axb6 Txb6 16.Ta2 Db8 17.g4 Die Rollen sind verteilt, nachdem beide Seiten ihre Pläne durchsetzten: Schwarz will auf dem Damenflügel sein Spiel initiieren, Weiß sucht sein Heil im Angriff auf der Königsseite. 17...Ld4+ 18.Kh1 Lxc3 19.bxc3 Tb1 20.De2 Db5?! Verschenkt Zeit. 21.c4 Weiß riegelt mit Tempogewinn den Damenflügel ab und nimmt schwarzen Figuren das Feld b5. 21...Db6 22.Kh2 Tb8 23.Ld2 Db7 [ 23...Tb2 ist verfehlt: 24.La5 Da7 25.Txb2 Txb2 26.e5 dxe5 27.fxe5 Ta2 28.e6! sorgt für klare Verhältnisse. 28...fxe6 29.dxe6 Sf6 30.g5 Txa5 31.gxf6 exf6 32.Tb1 Se8 33.Tb7 Da8 34.Dd2 und an allen Ecken und Enden drohen Schwarz Materialeinbußen.] 24.Lc3 Damit steht der Läufer ideal. 24...Tb4? Ein Beschwichtigungsopfer, das Pfleger zunächst ignoriert. [ 24...Txf1 25.Lxf1 Behält die Damen auf dem Brett, um langfristig in Zusammenarbeit mit dem schwarzfeldrigen Läufer unangenehm in Richtung g7 oder h8 zu werden. ( 25.Dxf1 Db1 26.Dxb1 Txb1 erweist sich nicht als schön für Schwarz, aber ist eher haltbar.) ] 25.e5 Sb6?! Wenn Schwarz darum bettelt, auf b4 zu nehmen, dann folgt eben 26.Lxb4 cxb4 27.c5! dxc5 28.d6 Scd5 29.Txa6 Dd7 30.Dd2 e6 31.f5 Db5 32.f6! Kh8 [ 32...Dxa6?? verbietet sich offensichtlich wegen 33.Dh6 Sxf6 34.exf6 und folgendem Matt auf g7.] 33.Ta2 Sd7 34.Dh6 Tg8 35.Ta8! Der Auftakt zum Mattfinale. 35...Sb8 36.d7 Db6 [ 36...Dxd7 37.Txb8 Txb8 38.Dg7# ] 37.Lxd5 exd5 38.e6! Dxe6 39.Dg7+! Vollzieht das schönste wie schnellste Matt in der Stellung. [ 39.Dg7+ Txg7 40.Txb8+ Tg8 41.Txg8+ Kxg8 42.d8T+ De8 43.Txe8# ] 1-0




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