Startseite Rochade Kuppenheim

200 Opfer tappen in „beliebte“ Falle

Lehrreiches Werk der Großmeister Knaak und Müller über Eröffnungspleiten

von FM Hartmut Metz, 21. Juli 2007

 

   Eröffnungsfallen sind das Salz in der Suppe für den Schach-Novizen. Kurzzügige Siege begeistern Kinder – und jeder hat wohl in seinen Anfängen versucht, mit dem Schäfermatt (1.e4 e5 2.Lc4 Sc6 3.Dh5 Sf6 4.Dxf7 matt) zum Erfolg zu kommen. Das Triumphgeheul der Kleinen ist groß, wenn sich Erwachsene absichtlich so tölpelhaft schlagen lassen. Es gibt im königlichen Spiel aber weit tiefere Fallen als das Schäfermatt, in die sogar versierte Großmeister hineintappen. Davon zeugt das neue Buch „222 Eröffnungsfallen nach 1.e4“ (Edition Olms, 164 Seiten, 16,80 Euro).

   Das lehrreiche Werk aus der Feder von Rainer Knaak und Karsten Müller fußt auf einigen Klassikern des Genres: „200 Eröffnungsfehler“ und „200 neue Eröffnungsfehler“ (beide von Emil Gelenczei), „Eröffnungsfehler und lehrreiche Kombinationen“ (Jakow Neistadt) und „Eröffnungsfallen am Schachbrett“ (Eugène Snosko-Borowski) standen Pate. Knaak und Müller haben dieses Material ergänzt und vor allem statistisch eingeordnet. In Chessbase-Datenbanken erforschten sie, wie häufig Spieler auf die Tricks hereinfielen. Mancher kommt nur einmal vor, die meisten ziehen aber immer wieder neue Opfer an. In einer Variante in der Sizilianischen Verteidigung registrierten Müller und Knaak bereits mehr als 200 Partien, in denen Weiß in neun oder zehn Zügen verlor. Die beiden renommierten Autoren wollen noch einen zweiten Band mit Eröffnungsfallen nach 1.d4 und anderen weißen Anfangszügen folgen lassen.

   Durch eine der schönsten Eröffnungsfallen der Schach-Geschichte gewann der Mexikaner Carlos Torre Repetto 1928 in einem Simultan gegen einen Amateur.

 











N.,N. - Torre Repetto,Carlos [B15]
Mexiko Simultan, 1928

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Sf6 5.Sg3 h5 6.Lg5?! Der erste ungenaue Zug. Mit [6.h4 sollte Weiß den weiteren Bauernvormarsch verhindern.] 6...h4 7.Lxf6? Das scheint spielbar, erweist sich aber als Verlustzug! [Nach 7.S3e2 hält sich der weiße Nachteil in engen Grenzen.] 7...hxg3 8.Le5 Txh2! 9.Txh2 Bis dahin sieht vermeintlich alles gut für den Anziehenden aus. Nimmt Torre auf h2 den Turm zurück, folgt Lxh2 mit ausgeglichener Stellung. Aber: 9...Da5+! 10.c3 Dxe5+!! 11.dxe5 gxh2 und weil sich der Bauer zwangsläufig in eine Dame verwandelt, verbleibt Schwarz mit einer Mehrfigur. 0-1

 

   Beim Frühlings-Open in Budapest 1990 kassierte Gyorgy Tesinszky wie mehr als 200 andere Spieler vor und nach ihm eine schnelle Niederlage im Morra-Gambit – in diesem Fall aber als Weißer! Großmeister Elmar Magerramow nutzte den schlechten gegnerischen Aufbau.

 










Tesinszky,Gyorgy (2225) - Magerramow,Elmar (2500) [B21]
Fruehlings-Open Budapest (1), 1990

1.e4 c5 2.d4 cxd4 3.c3 Weiß versucht das zweischneidige Morra-Gambit, das bei richtiger schwarzer Verteidigung eher zum Nachteil führt. 3...dxc3 4.Sxc3 Sc6 5.Sf3 e6 6.Lc4 Dc7 7.0-0 Sf6 Die Sibirische Verteidigung. 8.De2 Sg4 Übernimmt die Kontrolle über e5 - und stellt eine Falle. Auf die fielen die Weiß-Spieler schon mehr als 200 Mal herein! 9.Lb3?? Noch "beliebter" ist laut den Autoren Müller und Knaak [9.h3 , was ebenso die Partiefortsetzung erlaubt.] 9...Sd4! und Weiß verzichtet darauf, sich zwischen Damenverlust oder einem Matt auf h2 zu entscheiden. 10.Dd1 Sxf3+ 11.Dxf3 Dxh2 schiebt das Matt schließlich nur um einen Zug auf. 0-1

 

   Seltener kommt die Eröffnungsfalle in der folgenden Sizilianisch-Variante zum Tragen. Marc Helie profitierte wie fünf andere Gewinner davon. Leidtragender war 2002 in Agneaux Nicolas Clement.

 










Helie,Marc (2117) - Clement,Nicolas (1860) [B42]
Open Agneaux (3.24), 18.02.2002

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 a6 5.Ld3 Sf6 6.0-0 d5 7.e5 Sfd7? [7...Sg8 ist Pflicht.] 8.Sxe6! fxe6 [8...Db6 9.Sxf8 Kxf8 erweist sich natürlich aus schwarzer Sicht auch als freudlos.] 9.Dh5+ Ke7 [9...g6 10.Lxg6+ hxg6 11.Dxg6+ Ke7 12.Lg5+ Sf6 13.Dxf6+ Kd7 14.Dxd8+ ] 10.Lg5+ Sf6 11.exf6+ gxf6 12.Lxf6+! und Clement gab wegen Kxf6 13.Dh4+ mit Damenverlust auf. 1-0


Meko 2007
Meko-Übersicht
Startseite