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Sind Schachspieler intelligenter als andere?

Studie: Höherer IQ eher bei starken Meistern / Dummköpfen hilft Training

von FM Hartmut Metz, 30. Juni 2007

 

   Großmeister können sich unglaublich viele Eröffnungszüge und Figurenstellungen einprägen. Das beeindruckt den Laien. Deswegen genießt der gute Schachspieler enormes Renommee, und man schreibt ihm gemeinhin eine hohe Intelligenz zu. Ganz so überragend sind die geistigen Fähigkeiten allerdings nicht. Mehr als Intelligenz trägt die regelmäßige Übung zur Spielstärke bei. Dies fand Roland Grabner heraus. Die Untersuchung des Grazers war die erste, die auch als empirisch exakt bezeichnet werden kann. Grabner erhielt jetzt daher für seine mit „summa cum laude“ bewertete Doktorarbeit den mit 1 000 Euro dotierten Wissenschaftspreis der Karpow-Schachakademie Hockenheim zugesprochen.

   Grabner nahm Stichproben unter Spielern mit einer Wertungszahl von 1311 bis 2387. Das entspricht einer Breite vom Kreis- bis Bundesligaspieler. Dabei entdeckte der Österreicher durchaus einen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Spielstärke – jedoch nur in einer Varianz von zwölf Prozent. Laudator Jochen Musch hob hervor, dass zwar Ratingzahlen von mehr als 2 200 Elo-Punkten Personen mit einem Intelligenzquotienten (IQ) von mindestens 110 vorbehalten seien. Aber Dummköpfe, die es nur auf einen IQ von 85 bis 90 bringen, können mit viel Übung immerhin Verbandsliga-Niveau (2 000 Elo) erreichen.

   „Hohe Intelligenz“ ist nach Grabner eine „notwendige Bedingung“ für eine hohe Spielstärke. „Erheblich mehr Bedeutung“ kommt indes der frühen Beschäftigung mit der Materie zu. Je früher Kinder das Spiel erlernen, in den Schachklub gehen und an Turnieren teilnehmen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, gut zu werden. Dieses „zentrale Ergebnis“ deckt sich laut Musch mit der „neueren Expertisenforschung“, die auch beispielsweise beim Erlernen eines Musikinstruments gelte.

   Grabner wies nach, dass die lang anhaltende Beschäftigung mit dem königlichen Spiel Auswirkungen auf das Gehirn hat. Die besten Spieler lösten Aufgaben im hinteren Teil der Hirnrinde. Dort wird erworbenes Erfahrungswissen verarbeitet. Bei schlechteren Amateuren muss dagegen das auf neuartige Aufgaben spezialisierte Vorderhirn strapaziert werden. Das Gehirn verändert sich durch das Training und verarbeitet die Schach-Informationen effizienter.

   Grabner beleuchtete bei seiner Forschung zudem die Persönlichkeitsstruktur. Es ergab sich dabei kein „typischer Schachspieler“, eines fiel jedoch auf: Sie können die eigenen Emotionen deutlich besser kontrollieren und lassen sie nach außen kaum sichtbar werden.

   Dass Genies im Schach auch nicht immer alles gelingt, bewiesen sich zwei gegenseitig: Die Rivalen Sam Loyd, größter Schachproblem- und Rätselkomponist aller Zeiten, und Weltmeister Wilhelm Steinitz waren sich nicht grün. Zunächst düpierte Steinitz 1885 den Amerikaner, als der behauptet hatte, schneller ein Schachproblem komponieren zu können, als es der Weltmeister löse. Die Aufgabe, für die Loyd zehn Minuten benötigte, entzauberte Steinitz in der Hälfte der Zeit. Einen Monat später dürstete es den Gedemütigten nach Rache. Keck behauptete er, ein Problem präsentieren zu können, das Steinitz überhaupt nicht zu lösen vermag! Der nicht minder selbstgefällige erste offizielle Champion der Schach-Geschichte nahm den Fehdehandschuh auf, schrieb seine Lösung nach einer halben Stunde auf – und irrte. Hämisch kommentierte Loyd seinen triumphalen Ausgleich in den Medien unter dem Titel „Steinitz scheiterte“ – nicht das erste Genie, dem das so erging. Finden Sie das Matt in vier Zügen?

 










Loyd,Samuel
Matt in 4: Steinitz patzt, 1885

1.f4 Lh1 [1...Ld5 2.Lf8 La8 Jeder andere Zug ist auch nicht besser. 3.Lxg7 Lc6 4.Lxf6# ] 2.b3 Es genügt ebenso [2.Lb8 La8 3.Lxa7 g2 4.Lxb6# ; 2.Lf8 Diesen Zug gab Steinitz an - doch die naheliegende Fortsetzung widerlegte Loyd mit einem Pattwitz: 2...g2 und das Matt verzögert sich um einen Zug, weil 3.Lxg7 den Bauern auf f6 fesselt und Schwarz keine Zugmöglichkeit mehr besitzt.] 2...g6 Verhindert das Matt durch den Springer auf f5. [2...Le4 3.Sxb5# ] 3.Le7 g2 Andere Züge führen ebenso zum Matt durch den Läufer. 4.Lxf6# 1-0


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