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Anekdoten von der Schach-WM 1993

Lustige Schach-Geschichten

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   Die folgenden Anekdoten sind aus dem Buch "Schach-WM 93" von Helmut Pfleger und Hartmut Metz.

Informationen zum Buch über die Schach-WM 93


   Schachspieler sind häufig sehr geistreiche Leute. Gerne erinnere ich mich an Anekdoten wie jene von Dr. Robert Hübner (Frage eines Gegners in der Eröffnungsphase an den Deutschen: "Remis?" "Zu früh". Dieselbe Frage ein paar Züge später: "Jetzt Remis?" "Zu spät!") oder von Stefan Kindermann (Eine etwas unbedarfte freie Mitarbeiterin einer Tageszeitung meinte zu dem Großmeister, daß sie ja nun auch mit dem Schachspielen beginnen könne, wenn die Preisgelder immer so üppig wie in Baden-Baden 1992 seien. Im Monopoly sei sie schließlich auch ganz gut. Kindermanns Entgegnung: "Wenn Sie im Schach gegen einen Großmeister antreten, ist das ungefähr so, als spielten Sie gegen Dagobert Duck Monopoly"). Solche Anekdoten geben jedem Wettkampf oder Turnier eine noch feinere Würze. Zur Erbauung des Lesers seien daher die besten Sprüche zusammengefaßt. Liegt es am typisch britischen Humor oder daran, daß sich die analysierenden Großmeister in London mehr mit "coolen" Sprüchen maßen denn in langen Varianten? Von der FIDE-WM sind deutlich weniger Pointen überliefert.


"Mein Gegner wird Short heißen, und das Match wird short (englisch für kurz)."

Garri Kasparow vor dem Kandidatenfinale zwischen Jan Timman und Nigel Short. Damals weiß er noch nicht, daß er mit seinem künftigen Gegner rebelliert und ein Duell über volle 24 Partien aushandelt.


"Und es gibt keinen Schiedsrichter, der das Match vorher abbricht."

Tony Miles bemitleidet Nigel Short nach dem 0,5:3,5, daß dieser über die volle Distanz muß.


"Manche Kämpfe im Boxen dauern auch nur 1:30 Minuten."

Garri Kasparow beim Stand von 5,5:1,5.


"B2 or not b2"

Shakespeare, Teil I. Nigel Short auf die Frage, was ihm zu dem größten britischen Schriftsteller einfällt.


"Much ado about nothing."

Shakespeare, Teil II. Nigel Short, der bei einem 0,5:3,5-Rückstand einen Filmtitel für das bisherige Match vorschlagen soll und eine Komödie vom alten William wählt.


"Lediglich eine Frage des Geschmacks."

Tony Miles während der dritten Partie, als er Sf5 prognostiziert, Kasparow jedoch das fehlerhafte 27.Ld4 zieht.


"Papi wird gewinnen!"

Ausruf Kyvelie Shorts, der zweijährigen Tochter Nigels, als dieser in der dritten Partie seinen 20. Zug ausführt.


"Den einzigen Sekundanten, den ich im Moment brauche, ist Madonna!"

Nigel Short auf die Frage, ob er nach der Rückreise Lubomir Kavaleks einen neuen Sekundanten benötigt. Die Pop-Röhre wäre im übrigen in London greifbar, da sie in Wembley ein Konzert gibt.


"Man sollte erwähnen, daß das ein bißchen riskant für den großen Gonzo ist."

Jonathan Speelman nach 14...g5?! in der achten Partie. Sollte sich der Autor nicht täuschen, handelt es sich übrigens bei Gonzo normalerweise um eine langnasige Figur aus der Sesamstraße.


"Ich stimme dem vollkommen zu!"

Kommentar Nigel Shorts, nachdem Garri Kasparow für die russischen Medien einige Takte in seiner Muttersprache zum Besten gab.


"Ich könnte mich auch über ein Angebot zu einem Wettkampf mit Aljechin äußern."

Garri Kasparow über die Wahrscheinlichkeit, daß ein Match mit Bobby Fischer zustande kommt. Angeblich habe dafür eine französische Zeitung 60 Millionen Dollar offeriert.


"Der Springer steckt in der Ecke wie im Gefängnis. Es ist kein Schachspiel sondern Monopoly!"

Raymond Keene kommentiert Shorts eingekesselten Springer in der neunten Partie.


"Er gewinnt! Er gewinnt!"

Begeisterter Ausruf eines englischen Journalisten nach rund 30 Zügen der zehnten Partie, in der Short vollkommen auf Gewinn steht. Die meisten Journalisten setzten auch schon ihre Artikel in Richtung Redaktion ab, um später nur noch die Notation nachliefern zu müssen ...


"Kasparow läßt Lazarus wie einen blutigen Anfänger aussehen!"

Der australische Großmeister Ian Rogers, nachdem Garri Kasparow auch in der zehnten Partie von den Toten aufersteht.


"Wenn man solche Stellungen nicht gewinnt, dann hat man es nicht verdient, um die Weltmeisterschaft zu spielen."

Shorts Landsmann Jim Plaskett nach dem Remis in der zehnten Partie.


"Shorts Sieg besitzt nun dieselbe Quote wie das Auftauchen des Ungeheuers von Loch Ness - und ich weiß, auf welches der beiden Ereignisse ich eher wetten wurde!"

Graham Sharpe, Pressesprecher der Buchmacherkette Graham Hill, in einer Presseerklärung, die erscheint, nachdem sich der Autor dieser Zeilen erst nach Shorts Quote sowie jener für "Nessie" erkundigte. Nebenbei: Ihr Autor darf für sich reklamieren, die Quoten erheblich beeinflußt zu haben. Als ich mit Sharpe sprach, stand die Quote auf Shorts Gesamtsieg bei 40:1, während bei Nessies Auftauchen 250:1 bezahlt werden sollten. Für einen guten Publicity-Gag ändert man halt auch gerne einmal bei Buchmacher Hill die Quoten. Bleibt zu hoffen, daß die künftigen Loch Ness-Wetter den Verursacher nicht steinigen, weil sie auf Grund ihres Autors lediglich noch 150 für ein Pfund Einsatz erhalten.


"Ich fürchte, da ist Ihnen ein Fehler unterlaufen. Demnach müßte es 5,5:5,5 stehen."

Nigel Short korrigiert eine Journalistin, die ihn fragt, ob er damit gerechnet habe, daß es nach elf Partien exakt entsprechend der ELO-Zahlen 8:3 zugunsten Kasparows stehe. Short spielt mit seiner Aussage darauf an, daß die FIDE beide Spieler aus der ELO-Liste gestrichen hat.


"Wenn sich die Zuschauer hinsetzen, sind die meisten Partien Spassows bereits vorbei."

Raymond Keenes Entschuldigung, als er in der 14. Partie von einer Neuerung Shorts ausging, obwohl die beiden Spieler noch dem Duell Christiansen - Spassow folgten.


"Oh, wenn's haufenweise Gewinnzüge gibt, ist er in Schwierigkeiten!"

David Levys Entsetzensruf nachdem Jim Plaskett in der Schlußphase der 16. Partie resümierte, Short verfüge nun über zig Gewinnpläne.


"Wenn Kasparow diese Position rettet, ist er Gott."

Michael Adams weiß nun auch seit der 16. Partie, daß Garri Kasparow nicht Gott ist.


"Die FIDE-Meisterschaft."

Raymond Keene, der das Wort FIDE-Weltmeisterschaft tunlichst vermeidet.


"Was für ein Match?"

Nigel Short, der einen Kommentar zu dem vor dem Abbruch stehenden Wettkampf Timman - Karpow geben soll.


"Karpow? Das ist eine lange Geschichte des Unsinnerzählens."

Nigel Short zu Karpows Vorwurf, Kasparow sei neben Campomanes an der FIDE-Misere schuld.


"Für Karpow bin ich wohl das, was für einen Stier ein rotes Tuch ist."

Garri Kasparow über Anatoli Karpows Vorwurf für die FIDE-Misere seien - in dieser Reihenfolge - Campomanes und Kasparow verantwortlich.


"Die versprechen alles, lügen und jetzt haben sie nichts."

Garri Kasparow zur Halbzeit der FIDE-WM.


"Ich bin eben ein ewiger Optimist."

FIDE-Präsident Florencio Campomanes gibt dies einer pessimistischen Journalistenschar als Grund an, warum er den Rückzug der Omanis von der Schach-WM zunächst für sich behielt.


"Der ist so aalglatt."

Der deutsche Schachjournalist Dagobert Kohlmeyer über Florencio Campomanes, nachdem dieser - abseits des Skandals - mit provozierender Seelenruhe ein paar Blitzpartiechen spielt.


"Hat er schon jemals etwas Konkretes gesagt?"

Ein resignierender Stefan Löffler, Internationaler Meister und Schachjournalist, auf die Frage, ob Florencio Campomanes in der Amsterdamer Pressekonferenz wenigstens diesmal etwas Konkretes von sich gab.


"Kein Kommentar."

Florencio Campomanes auf die Frage des deutschen Großmeisters Eric Lobron, ob er nach der Blamage mit dem Oman an Rücktritt denke.


"Ich kenne keine einzige Person, die behaupten würde, Garri Kasparow sei ein guter Mensch."

Nigel Short vor der PCA-Weltmeisterschaft.


"Die beiden wirken plötzlich wie Freunde."

Ein verwunderter Frederic Friedel, Computerexperte und Chefredakteur der Zeitschrift "Computer, Schach & Spiele", nach einer Sitzung der PCA.


"Nigels Tragödie besteht darin, daß ihn das Schicksal zwei Jahre nach Kasparow auf die Welt brachte."

Der 30jährige Garri Kasparow über den 28jährigen Nigel Short.


"Nur wenn Kasparow wirklich hart vor dem Match arbeitet, kann er mich vielleicht dazu zwingen, über die volle Distanz zu gehen."

Nigel Short über Garri Kasparows Aussichten. Ob Short diese Aussage in angeheitertem Zustand machte, ist nicht überliefert.


"Du bastelst Dir Dein eigenes Glück!"

Ein etwas genervter Nigel Short nach der dritten Partie, die Garri Kasparow gewann und daraufhin von "ein bißchen Glück" sprach. Eine Anspielung Shorts auf den bekannten Satz des kubanischen Schachgenies Jose Raoul Capablanca, der einst meinte: "Der gute Schachspieler hat immer Glück."


"Es war, als hatte ich eine handvoll Spaghetti bekommen."

Ein Journalist beschreibt seine Gefühle, die er hatte, als ihm ein verstörter Nigel Short nach dem 0,5:3,5-Rückstand die Hand zur Begrüßung reichte.


"Nein, wir fliegen nach Jakarta."

Nigel Short auf die etwas einfältige Frage eines Journalisten, ob man eventuell nach der Entscheidung des PCA-Matches wie bei der ersten Hälfte der FIDE-WM über die Lande ziehe.


"Das Drehbuch könnte von Harold Pinter stammen - oder Samuel Beckett: sechs Stunden Ruhe und minimale Handlung, mit einem Ende das niemand erwartet noch versteht."

Eine Londoner Zeitung über den PCA-Wettkampf. Ungefähr zur selben Zeit feiert das neueste Pinter-Werk "Moonlight" Premiere in der britischen Hauptstadt.


"Die Wettkampfregeln besagen, daß bei einem Feueralarm in der entscheidenden Partie das Match annulliert wird und die Woche darauf ein neues beginnt. Nigel wurde durch die Sirene gerettet!"

Short-Freund Dominic Lawson, nachdem ein Feueralarm die 20. Partie zwischen Kasparow und Short unterbricht.


"Oh, sind das heute alle Zuschauer?"

Bulletinschreiber Ali Mortazavi als er vom Kommentatorenraum auf das wegen des Feueralarms geräumte Savoy Theatre herabblickt.


"Oh Gott, Nigel hat diesen remisigen Ausdruck im Gesicht!"

Ali Mortazavi, der in der 20. Partie gegen Raymond Keene eine Siegwette (Quote 6:1) auf Short laufen hat. Die Partie endet wenig später tatsächlich remis.


"Dieser spannende Wettkampf ..."

Einer der Lieblingssätze Raymond Keenes, der das von seinem Brötchengeber "Times" ausgerichtete Match Kasparow - Short gerne und häufig lobpreiste. Nach der 20. Partie prahlt er damit, eine ordentliche Stange Geld gewonnen zu haben, weil er auf ein 12,5:7,5 für Kasparow gesetzt habe. Verschiedene Worte und Taten, dazu schnelles Geld mit einigen rasch "zusammengeklatschten" Büchern verdient ...


"Ja, ich machte einen - als ich mir heute die Haare schneiden ließ!"

Nigel Short auf die Frage nach der zweiten Schnellpartie, ob er heute einen Fehler gemacht habe.


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