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An den Grenzen der Perfektion

Zukunftsschach in Leon

von Harald Keilhack, 10. Juli 2002

mehr Schachtexte von Harald Keilhack


Nr. 4280 Günther Weeth
Urdruck Stuttgarter Zeitung

Schach-Aufgabe

Matt in sechs Zügen (7+9)


Die Lösung in der nächsten Ausgabe. Die Lösung der Mattaufgabe aus der vorherigen Ausgabe:










Nr. 4279 Günther Weeth
Urdruck Stuttgarter Zeitung

 

Die Rochade ist nicht erlaubt (wie käme sonst der Turm nach e2?!), zudem ist Schwarz am Zug. Also 1...Lxc7 (1...Lxe7 2.Kd1! Lxa3 3.Kc2# ) 2.Kf1! [2.Kd1? Lh2 ] und 2.Te1#

Aus der Werkstatt unserer Retroschach- Spezialisten Weeth/ Keym, die fleißig am nächsten Lösewettbewerb basteln. Heute ein orthodoxes Problem von G. Weeth.

 

"Zukunftsschach" - so taufte Garri Kasparow jene Form des Spiels, bei dem die Akteure während der Partie Computerhilfe in Anspruch nehmen dürfen. Im spanischen Leon wurden schon einige Wettkämpfe in dieser Form ausgetragen, bei der ein Spielprogramm (Fritz bzw. Junior), eine Eröffnungs- und eine Endspieldatenbank assistieren. Doch das Ziel, nämlich dem Menschen mit Unterstützung der Technik zu neuen schöpferischen Höhenflügen zu verhelfen, wurde bislang verfehlt.

Kramnik - Anand 3½:2½ (+ 1 = 5) lautet das nüchterne Resultat der diesjährigen Auflage. Nüchtern auch der Verlauf, denn Kramnik wandte die selbe Defensivtaktik an wie vor anderthalb Jahren gegen Kasparow. Die schöpferischen Grenzen des Zukunftsschachs zeigt die vierte Partie auf: Die ansehnliche Schlacht gleicht einer Hollywood-Inszenierung - alles ist vorhergeplant, kein echtes Blut fließt.

V. Anand - W. Kramnik

"Zukunftsschach" Leon 2002, 4. Partie

Orthodoxes Damengambit

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 Le7 5.Lf4 0-0 6.e3 c5 7.d:c5 L:c5 8.a3 Sc6 9.Dc2 Da5 10.0-0-0 Le7 11.g4

1988 von Speelman eingeführt. Inzwischen teilt der Zug das Schicksal vieler scharfer Varianten: Die Freiräume für die Fantasie schmelzen dahin, sobald erst alles ausanalysiert ist.

11...d:c4 12.L:c4 e5 13.g5 e:f4 14.g:f6 L:f6 15.Sd5 Se7 16.S:f6+ g:f6 17.Thg1+ Kh8 18.e4 b5 19.Ld5 S:d5 20.e:d5 b4

Rein optisch gesehen greifen beide Seiten verwegen an. In Wirklichkeit geht es um Feinheiten von beinahe zwangsläufig entstehenden Endspielen. Man sehe die folgende Partie mit Kramnik auf der weißen Seite:

20...Ld7 21.Kb1 b4 22.Td4 Tg8 23.T:g8+ T:g8 24.Dd2 Lf5+ 25.Ka2 Td8 26.D:b4 D:b4 27.a:b4 T:d5 28.T:d5 Le6 29.Ka3 L:d5 30.Sd4 Kg7 31.b5 Kg6 32.Sc6 Kg5 33.S:a7 La8 34.b6 Kg4 35.Sb5 Kf3 36.Sd6 K:f2 37.b7 L:b7 38.S:b7 Ke3 39.Sd6 f3 40.Sf5+ Kd3 41.Sg3 f2 42.b4 f5 43.h4 f4 44.Sf1 Ke2 45.Sh2 f1D 46.S:f1 K:f1 47.b5 f3 48.b6 f2 49.b7 Kg2 50.b8D f1D 51.Dg8+ Kh3 52.D:h7 f5 nebst ½:½, Kramnik - Karpow, Monaco (Blindschach!) 1998 - dasselbe Leichtfigurenendspiel führt zu fast dem selben Damenendspiel. Macht am Schluss der zusätzliche f-Bauer den Unterschied zwischen den Zügen 20...Ld7 und 20...b4 aus!? Schwarz hätte mit 38...f3! 39.Sd6 Ke1 gewinnen können, das stört das Bild ein wenig.

21.a:b4 Da1+ 22.Kd2 Da6 23.Dc6 Td8!

Denn 24.D:a8? Dc4! mit entscheidendem Angriff. Dazu kommt es natürlich nicht.

24.Kc3 Lb7 25.D:a6 L:a6 26.Td4 Tac8+ 27. Kd2 Lb7 28.Tc1 T:c1 29.K:c1 Kg7 30.Sh4

Und erst hier beginnt die Partie! Auf ihren Bildschirmen folgten die Akteure nämlich der Partie van Wely - Short, Wijk aan Zee 1997. Nach 30.Se1 T:d5 31.T:d5 L:d5 32.Sd3 f3 33.Kd2 Lc6 sollte es remis werden, nach beiderseitigen Fehlern gewann letztlich Schwarz.

30...T:d5 31.T:d5 L:d5 32.Sf5+ Kf8 33.Kd2 Ke8 34.Kd3 Kd7 35.Kd4 Le6 36.Ke4 L:f5+

Und hier ist die Partie praktisch schon vorbei: Die folgenden Züge bis zum Damenendspiel sind leicht auszurechnen. Die Frage, ob der h-Bauer Gewinnchancen gibt, beantworten wiederum die Endspieldatenbanken mit einem klaren "Nein".

37.K:f5 Kc6 38.K:f4 Kb5 39.Kf5 K:b4 40.K:f6 Kb3 41.f4 K:b2 42.f5 a5 43.K:f7 a4 44.f6 a3 45.Kg8 a2 46.f7 a1D 47.f8D Da2+ 48.K:h7 ½:½

Tatsächlich genügt jeder vernünftige Zug zum Remis, Schwarz muss nur Damentausch vermeiden (z. B. ...Ka1?? 49.Df1+ nebst Df2:a2). Im Internet gibt es eine Adresse, auf der man alle Stellungen mit bis zu fünf Steinen abfragen kann:

www.lokasoft.nl/uk/tbweb.htm

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V. Anand - W. Kramnik
"Zukunftsschach" Leon 2002, 4. Partie
Orthodoxes Damengambit

 

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 Le7 5.Lf4 0-0 6.e3 c5 7.dxc5 Lxc5 8.a3 Sc6 9.Dc2 Da5 10.0-0-0 Le7 11.g4 1988 von Speelman eingeführt. Inzwischen teilt der Zug das Schicksal vieler scharfer Varianten: Die Freiräume für die Fantasie schmelzen dahin, sobald erst alles ausanalysiert ist. 11...dxc4 12.Lxc4 e5 13.g5 exf4 14.gxf6 Lxf6 15.Sd5 Se7 16.Sxf6+ gxf6 17.Thg1+ Kh8 18.e4 b5 19.Ld5 Sxd5 20.exd5 b4 Rein optisch gesehen greifen beide Seiten verwegen an. In Wirklichkeit geht es um Feinheiten von beinahe zwangsläufig entstehenden Endspielen. Man sehe die folgende Partie mit Kramnik auf der weißen Seite: 20...Ld7 21.Kb1 b4 22.Td4 Tg8 23.Txg8+ Txg8 24.Dd2 Lf5+ 25.Ka2 Td8 26.Dxb4 Dxb4 27.axb4 Txd5! 28.Txd5 Le6 29.Ka3 Lxd5 30.Sd4 Kg7 31.b5 Kg6 32.Sc6 Kg5 33.Sxa7 La8 34.b6 Kg4 35.Sb5 Kf3 36.Sd6 Kxf2 37.b7 Lxb7 38.Sxb7 Ke3 (Schwarz hätte mit 38...f3! 39.Sd6 Ke1 40.Se4 f5 gewinnen können, das stört das Bild ein wenig) 39.Sd6 f3 40.Sf5+ Kd3 41.Sg3 f2 42.b4 f5 43.h4 f4 44.Sf1 Ke2 45.Sh2 f1D 46.Sxf1 Kxf1 47.b5 f3 48.b6 f2 49.b7 Kg2 50.b8D f1D 51.Dg8+ Kh3 52.Dxh7 f5 53.h5 Dd3+ 54.Kb2 Dd2+ 55.Kb3 Dd3+ 56.Kb2 Dd2+ V. Kramnik - A. Karpow, Monaco (Blindschach!) 1998 - dasselbe Leichtfigurenendspiel führt zu fast dem selben Damenendspiel. Macht am Schluss der zusätzliche f-Bauer den Unterschied zwischen den Zügen 20...Ld7 und 20...b4 aus!? 21.axb4 Da1+ 22.Kd2 Da6 23.Dc6 Td8! 24.Kc3 [24.Dxa8? Dc4! mit entscheidendem Angriff. Dazu kommt es natürlich nicht. 24...Lb7 25.Dxa6 Lxa6 26.Td4 Tac8+ 27.Kd2 Lb7 28.Tc1 Txc1 29.Kxc1 Kg7 30.Sh4 Und erst hier beginnt die Partie! Auf ihren Bildschirmen folgten die Akteure nämlich der Partie van Wely - Short, Wijk aan Zee 1997. Nach 30.Se1 Txd5 31.Txd5 Lxd5 32.Sd3 f3 33.Kd2 Lc6 sollte es remis werden, nach beiderseitigen Fehlern gewann letztlich Schwarz. 30...Txd5 31.Txd5 Lxd5 32.Sf5+ Kf8 33.Kd2 Ke8 34.Kd3 Kd7 35.Kd4 Le6 36.Ke4 Lxf5+ Und hier ist die Partie praktisch schon vorbei: Die folgenden Züge bis zum Damenendspiel sind leicht auszurechnen. Die Frage, ob der h-Bauer Gewinnchancen gibt, beantworten wiederum die Endspieldatenbanken mit einem klaren "Nein". 37.Kxf5 Kc6 38.Kxf4 Kb5 39.Kf5 Kxb4 40.Kxf6 Kb3 41.f4 Kxb2 42.f5 a5 43.Kxf7 a4 44.f6 a3 45.Kg8 a2 46.f7 a1D 47.f8D Da2+ 48.Kxh7 1/2-1/2 Tatsächlich genügt jeder vernünftige Zug zum Remis, Schwarz muss nur Damentausch vermeiden (z. B 48.Kxh7 Ka1?? 49.Df1+ Kb2 50.Df2+ Kb3 51.Dxa2+)

Im Internet gibt es eine Adresse, auf der man alle Stellungen mit bis zu fünf Steinen abfragen kann: www.lokasoft.nl/uk/tbweb.htm


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