NAO Paris und Internet Podgorica setzen sich die europäische Vereinskronen aufWerder Bremen auf gutem Platz 12 * Schachfreunden Neukölln geht die Luft ausvon Harald Fietz, Oktober 2003 |
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Die neuen europäischen Damen-Champions von Internet Podgorica: (von links) Ana Benderac, Irina Chelushkina, Betreuerin, Alexandra Kostenjuk und Svetlana Matveeva. Foto: Harald Fietz |
Die neuen europäischen Herren-Champions von NAO Paris: (von links stehend) Alexander Grischuk, Michael Adams, Etienne Bacrot, Sponsorin Nahed Ojjeh, Francisco Vallejo Pons, Peter Swidler, ein unbekannter Begleiter, Kapitän Igor-Alexandre Nataf und (vorne von links) Laurent Fressinet, Mannschaftsbegleiter, Joel Lautier. Foto: Harald Fietz |
Die Schlachten um die Europacups für Vereinsmannschaften 2003 sind geschlagen, die Hotels werden jetzt über den Winter ihre Pforten schließen, die Sieger zuhause gefeiert und vielleicht mancher bald mit etwas Wehmut an sieben intensive Schachtage zurückdenken. Obwohl es organisatorisch etliche Unstimmigkeiten und Pannen gab, erwies sich das mediterrane Ambiente insgesamt wieder als richtige Wahl für heiße Schachkämpfe. Die Mannschaftssieger haben letztlich verdient gewonnen. NAO Paris zeigte sich diesmal - in der Schlussrunde unter den Augen der mitfiebernden Sponsorin Nahed Ojjeh - als das reifste Team. Die Kombination mit Weltstars (Grischuk, Swidler, Adams und Vallejo Pons) plus französischen Nationalspielern (Lautier, Bacrot, Fressinet) harmonierte äußerlich betrachtet reibungslos. Nachdem sich Kasan - eingeleitet mit Kasparows sensationeller Vorschlussrundenniederlage gegen Huzman - selbst aus dem Rennen katapultierte, verlor der Mitfavorit 2:4 gegen die routinierten Großmeister von Polonia Plus Warschau. Das brachte die Polen auf Platz zwei und dies ist - nach Silber 2001 und Bronze 2003 - erneut ein Beweis, dass der östliche Nachbar Deutschlands eine aufstrebende Schachnation bildet (man siehe nur, wie die polnischen Jugendlichen kurz zuvor bei der Jugend-EM in Budva den Vertretern der ehemaligen GUS-Staaten Paroli boten). Nur durch die Feinwertung landeten die mannschafts- und brettpunktgleichen Bosnier von Kiseljak auf Platz drei.
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Alisa Galljamova musste ihren Platz im Herrenteam von Ladia Kasan für Kasparow räumen und erreichte im Damenwettbewerb mit der Mannschaft die Bronzemedaille und die beste Wertung am Spitzenbrett (Performance 2696!). Foto: Harald Fietz |
In der Schlussrunde reichte es für Ladia Kasan und Garry Kasparow (hier in der letzten Runde gegen Wassili Iwantschuk) nicht einmal mehr für einen Medaillenplatz. Foto: Harald Fietz |
Bei den Damen wendet sich das Blatt in der Schlussrunde nicht mehr, denn die nach Brettpunkten führende Mannschaft von Internet Podgorica bezwang Vorjahressieger BAS Belgrad mit 2,5:1,5, weil die russischen Gastspielerinnen Svetlana Matveeva und Alexandra Kostenjuk beide gewannen. Die Serbinnen fielen dadurch noch ganz aus den Medaillenrängen. Hier holte das bis zur fünften Runde führenden Team von NTN Tiblissi verdient Silber und Ladia Kasan mit der überragenden Alisa Galljamova Bronze.
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Neuköllns Dirk Poldauf schaute nicht immer so unzufrieden, denn er gewann gegen Rustam Kasimdshanow eine eröffnungstheoretisch wichtige Partie. Foto: Harald Fietz |
In der Vorschlussrunde verlor Rainer Polzin (links) aus Remisstellung überflüssigerweise gegen Vladimir Akopjan, den Vize-Weltmeister von 1999. Die Analyse interessierte auch Lars Thiede. Foto: Harald Fietz |
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Die deutschen Teilnehmer nehmen unterschiedliche Bilanzen mit ins kühle Mitteleuropa. Werder Bremen beeindruckte mit dem 3:3 gegen Tomsk-400 zum Abschluss. Sechs - teilweise lang - ausgekämpfte Remisen zeigen, dass man - wenn man seine auswärtigen Titelträger dabei hat - selbst gegen russische Spitzenteams auf Augenhöhe agieren kann. Den Schachfreunden Neukölln gelang im letzten Jahr sogar als reinem Amateurteam ein Mannschaftsunentschieden gegen Kasan, aber heuer waren die letzten beiden Runden der Hauptstädter einfach zu lasch. Konnte man die Niederlage in Runde sechs gegen die kompakten Balkan-Vertreter von Alkaloid Skopje noch auf deren Spielstärke zurückführen, so schien gegen die gleichstarken Londoner von Barbican irgendwie kein absoluter Siegeswillen durch die Berliner Truppe zu gehen. Vielleicht hatten die harten Begegnungen mit Tomsk-400, Bosna Sarajevo und Alkaloid Skopje doch mehr Substanz gekostet als man wahrhaben wollte. Die Enttäuschung über greifbare, aber letztlich verpasste Norm-Chancen mag ebenfalls ursächlich für die 2,5:3,5-Niederlage sein. Platz 29 spiegelt am Ende nicht das Potential der Mannschaft wider, die bei einem Sieg exakt im Soll gewesen wäre. Trotzdem war es wichtig, dass mehr als ein deutscher Verein in Europa seine Visitenkarte abgegeben hat.
Die Tschechen bildeten bei Werder Bremen eine zuverlässige Achse: Vlastimil Babula (links) und Zbynek Hracek. Foto: Harald Fietz |
Ob die Erfolge der Werder-Fußballer auch für Werder-Schach motivierten? Foto: Harald Fietz |
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Jugendweltmeisterin Elisabeth Pähtz hatte an Brett zwei im Herrenwettbewerb für OAA Heraklion nicht immer etwas zu lachen. Foto: Harald Fietz |
Der Dortmunder Arkadi Naiditsch kämpfte für Belgiens Meister SK Eynatten wacker am Spitzenbrett. Foto: Harald Fietz |
Es bleibt zu hoffen, dass diese Präsenz quantitativ und qualitativ im nächsten Jahr in Istanbul mindestens so bleibt. Wenn die Bundesliga ihrem Image als eine der weltbesten Mannschaftsmeisterschaften gerecht werden will, darf sie sich nicht stur auf den nationalen Wettbewerb kaprizieren. Europa wächst am 1. Mai 2004 mit zwölf neuen Mitgliedsländern zusammen, das europäische Vereinsschach ist hier räumlich sogar noch etliche Kilometer weiter östlich vereint. In dieser Leistungsklasse abseits zu stehen, nutzt weder der Außendarstellung noch bietet es die immer wieder in Diskussionen angemahnten Härteprüfungen für ambitionierte deutsche Spieler. Bezeichnenderweise spielten die größten deutschen Nachwuchshoffnungen für auswärtige Mannschaften. Arkadi Naditsch erkämpfte am Spitzenbrett von SK Eynatten als Belgien exakt die Performance, die seiner Elo-Zahl von 2574 entspricht, und Elisabeth Pähtz musste am zweiten Brett des griechischen Herrenteams von OAA Heraklion mit zwei Punkten aus sechs Partien erkennen, dass sie noch viel Kraft und Konzentration in ihre schachliche Vervollkommnung stecken muss. Aber die Annahme der Herausforderung war auf alle Fälle wichtig.
Maria Kouvatsou, die Jugendweltmeisterin von 1999 und Tochter des Organisators, konnte wegen ihrer Arbeitsbelastung im Zahnmedizinstudium nur eine Runde für AO Kydon spielen. Foto: Harald Fietz
Beim geselligen Beisammensein nach der Siegerehrung war auch beim Damenfavorit ULIM Chisenau aus Moldawien der Frust vergessen: (von links) Almira Skripchenko, Organisatorin Mary Vigliraki, Antoneta Stefanova, Svetlana Petrenko, Elena Partac und Karolina Smokina. Foto: Harald Fietz
Mehr Bilanzen und Hintergründe bietet im Printbereich zuerst "Schachmagazin 64" mit den Ausgaben Nr. 19 (erscheint bereits am 11. Oktober) und Nr. 20 (erscheint am 24. Oktober). Dem vor Ort anwesenden Chefredakteur Otto Borik sei an dieser Stelle für die tatkräftige Unterstützung bei der Übertragung von Wort und Bild für deutsche Internetplattformen gedankt. Trotz der Mühen gegen langsame Übertragungsraten entschädigte - wie die Bildgalerie ansatzweise veranschaulichen mag - manche Emotion auf und neben den 64 Feldern dafür.
Schwere Köpfe in einer griechischen Taverne nach einem langen Schachtag! Foto: Harald Fietz
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Macieja,B (2627) - Rublevsky,S (2672)
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