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Sergej Rublevsky gewinnt Ordix Open 2000

Dramatischer Kampf um die Masters-Teilnahme

von Harald Fietz und Hartmut Metz

Frankfurt Chess Classic 2000


   Der Finaltag beim Ordix Open, welches dieses Mal vier Runde länger dauerte, hatte es nochmals in sich. Nach einem verhaltenen Start ging es richtig zur Sache. Achterbahnfahrten in jeder Runde und ein Dutzend Spieler machte sich Hoffnung, das begehrte Ticket zum FCC-Masters 2000 zu ergattern. Am Schluss überschlugen sich die Ereignisse. Erst sah Mikhail Gurevich wie der Sieger aus. Dann musste der Belgier noch Sergei Rublevsky in der 15. Runde an sich vorbeiziehen lassen, nachdem er äußerst glücklich gegen Vladimir Chuchelov gewonnen hatte. Bei zwei Minusbauern sah es eher danach aus, dass Chuchelov seinem belgischen Landsmann Schützenhilfe kann - doch nicht einmal das dafür erforderliche Remis schaffte er. Der Nachziehende stellte seinen Springer und die Partie ein. Rublevsky steigerte sich damit auf 12,5 Zähler und lag dank der besseren Fortschrittswertung vor Gurewitsch. Während der Großmeister aus Kazan (Elo 2662) sein Glück mit der Qualifikation für das Frankfurt Chess Masters nicht fassen konnte, lamentierte der Zweitplatzierte: „Ich hätte spielen müssen", haderte Gurewitsch, nachdem er trotz der weißen Steine rasch gegen Evgenij Agrest remisiert hatte, „weil ich bisher im gesamten Turnier so viel Glück hatte, wollte ich Fortuna nicht weiter strapazieren". Rang drei ging an Peter Svidler (11,5). „Mein Lauf endete um Mitternacht", befand das Geburtstagskind vom Samstag, an dem er alle sechs Partien gewonnen hatte. „Ich habe mir höchstens meine Eröffnungswahl gegen Rublevsky vorzuwerfen, als ich ihm ins offene Messer mit Schottisch lief. Ansonsten spielte ich gut. Die anderen zwei waren eben besser!"

   Bei den Damen ereignete sich eine völlig Umkehrung der Platzierungen. Alle Spielerinnen mit acht Punkten verloren, und Gisela Fischdick (8,5) - die manchen Großmeister in arge Nöte brachte - zog mit ihrem Schlussrunden-Sieg noch vorbei. Der hessische Lokalmatador Reinhard Zunker (Hofheim) setzte sich bei den Senioren knapp vor dem punktgleichen Leonadis Bubis (Israel/beide 9) durch.

   Die erste Sonntagsrunde war an den Spitzenbrettern eine friedliche Angelegenheit: Svidler gegen Gurevich, Rublevsky gegen Lobron und Mainka gegen Milov teilten die Punkte. Nutz-nießer der Situation waren Alexei Dreev, der den in Österreich beheimateten Israeli Valeri Beim bezwang, und sein Landsmann Andrej Shchekachev, der die Chancen des Vorjahres-siegers Loek van Wely auf die Titelverteidigung minderte. Außerdem machte Wladimir Chuchelov Boden gut, in dem er Daniel Fridman aus seinem Höhenflug riss.

   In Runde 11 gab es zwei große Sieger. Sergei Rublevsky stoppte Peter Svidler in einer Kurz-partie und Michail Gurevich rang Andrej Shchechachev nieder. Dahinter folgten wiederum eine Reihe Unentschieden, die es Alexander Wojtkiewicz aus Polen und dem deutschen Spitzenspieler Rustem Dautov vorzupreschen erlaubten. Junior Ferenc Langheinrich hatte erneut einen Super-Großmeister am Brett. Diesmal erwies sich aber Viktor Bologan als eine Nummer zu groß. Von den deutschen Hoffungen blieben Henrik Teske und Markus Stangl stecken, da sie gegen Barsov ein Remis bzw. van Wely den vollen Punkt abgaben.

   Vor der Mittagspause ging es besonders „blutig" zu. Fast alle Spitzenbegegnungen brachten einen Sieger hervor. Gurevich bezwang Dreev, der sich die Zeit wieder einmal wenig ökonomisch eingeteilt hatte. Gleiches galt für Wojtkiewicz, der im Damenendspiel für sein langsames Anfangstempo bestraft wurde. Svidler erlegte Lobron mit einem furiosen Mattangriff in einem Dame-Turm-Schwerfigurenendspiel. Chuchelov setzte seinen Zug an die Spitze fort, indem er Milov bezwang. Auch die erweitere Spitze war auf Krawall aus: Bologan wagte einen direkten Angriff auf den König von Karl-Heinz Podzielny, doch die Königsjagd endete mit einem Remis. Gofshtein und Teske hingegen machten Terrain gut.

   Gut gestärkt ging es auf die Zielgerade: Gurevich und Rublevsky unterstrichen ihren Anspruch auf den Platz an der Sonne. Mit 11 Punkten haben sie sich schon vom Feld abge-setzt, da sie Chuchelov und Gofshtein besiegten. Drei Spieler liegen mit 10 Punkten in Lauerstellung: Svidler verpasste in einer langweiligen Remispartie gegen Dautov zu punkten, während Bologan und Podzielny vorwärts marschierten. Teske und Mainka waren die Leidtragenden. Mit 9,5 Punkten sind die Chancen auf den Sieg schon minimal. Chuchelov, Dautov, Milov, Wojtkiewicz und Dreev haben aber noch die Möglichkeit, ein wenig vom Geldkuchen abzubekommen. Abschied von der Spitze hat Lobron genommen, der in einer packenden Partie Dreev unterlag, aber den Frankfurt Chess Classic diese Woche weiterhin als versierter Schachexperte im Kommentatorenteam - das mit den sechs Großmeistern Stefan Kindermann, Klaus Bischoff, Daniel King, Helmut Pfleger und Vlastimil Hort bestückt ist - erhalten bleibt.

   Die Vorschlußrunde brachte eine Vorentscheidung. Michail Gurevich gewann erneut und setzte sich mit nunmehr 12 Punkten an die Spitze. Rublevsky hatte gegen Dreev zwar einen beachtlichen Zeitvorsprung, aber die Stellung gab wenig her, um einen Gewinn zu erreichen. Hinter dem alleinigen Zweiten mit 11,5 Punkten befindet sich Peter Svidler mit 11 Punkten. Danach auf Platz vier Wladimir Chuchelov mit 10,5 Punkten. Danach wird es eng, denn gleich 11 Spieler weisen einen Punktestand von 10 Punkten aus. Die letzte Runde wird hier also noch einiges durcheinanderbringen. Ähnlich knapp sieht es bei den Damen aus. Anita Stangl, Joanna Dworakowska und Ingrid Lauterbach sind bei 8 Punkte platziert und Gisela Fischdick ist den Trio auf den Fersen. Zwei weitere Partie verdienen Beachtung. In einer „vorgezogenen" Masterbegegnung besiegte Robert Rabiega den niederländischen Meister. Ferenc Langheinrich entschied das Duell der Generationen zu seinen Gunsten, da er den Senior Ferdinand Niebling vom Schachclub Frankfurt-West schlug.

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