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Favorit Peter Swidler führt Großmeisterriege an

Ordix Open erlebte hitzigen Zwischenspurt

von Harald Fietz

Frankfurt Chess Classic 2000


   Am zweiten von drei Tagen hat der Alltag im Ordix Open begonnen. An den Spitzenbrettern waren nun fast nur noch Großmeister-Duelle zu sehen. Die vierte und fünfte Runde brachten wenig Überraschendes. Bemerkenswert allenfalls zwei Unentschieden: Der FIDE-Meister Alois Hellmayr (2281) remisierte gegen den dänischen Großmeister Peter Heine Nielsen (2564) und die Frauen-Großmeisterin Joanna Dworakowska (2334) erzielte das gleiche Ergebnis gegen Wladimir Chuchelov (2537). Ein Leichtfigurenendspiel hielt die Polin leicht Remis. Ab Runde 6 nahm die Intensität zu. Auf der Bühne wurden fast alle Partien bis zur Neige ausgekämpft. Besonders sehenswert das Unentschieden zwischen Viktor Bologan und Romuald Mainka. Zu sicheren Siegen kamen Sergei Rublevsky und Vadim Milov, die in der nächsten Runde aufeinander trafen.

   Die Spitzenbegegnung der 7. Runde endete allerdings nur Remis, so dass das Feld auf-schließen konnte. Der in Deutschland ansässige Russe Wladimir Epishin und der FCC-Kommentator Eric Lobron, der im deutschen Spitzenduell Rustem Dautov bezwingen konnte, waren mit dabei. Ebenso wie Viktor Bologan, der Alois Hellmayr mit einer feinen Leistung wieder von der Bühne „verwies". Ebenso setzte Turnierfavorit Peter Svidler seine Aufholjagd nach der Mittagspause fort. Angesprochen auf seine Karikatur im eben erschienenen Bulletin Nummer 1, merkte er kopfschüttelnd an: „I'm not that fat." Auf den Einwurf: „But you have a fat rating" konterte der Russe: „No, there are other players who have a better score." Am Ende des Tages jedoch sollte er mit einer makellosen Bilanz von sechs Siegen die Alleinführung übernommen haben.

   Eine positive Überraschung blieb Ferenc Langheinrich aus Erfurt, dem in dieser Runde ein Remis gegen den polnischen Großmeister Alexander Wojtkiewicz gelang. Unrühmlicher Höhepunkt war der Auftritt von Viktor Bologan in seiner Partie gegen Wladimir Chuchelov. Als dieser in einem Zeitnotduell mit hängendem Blättchen (W: Kc8, Df1, d7 S: Ke4, f3) mit bereits einer glatten Mehrdame seinen Freibauern umwandeln wollte, fand er keine Dame und zunächst auch keinen Turm. Mit den Worten „Dame" zog er auf die achte Reihe. Sah dann einen Turm, den er umgedreht einsetzte und wollte weiterspielen. Der Moldawier hatte inzwischen heftig zu protestieren angefangen und hielt die Hand auf die Uhr, so dass Chuchelovs Zeit weiterlief. Während eines mindestens halbminütigen Wortwechsels in Deutsch und Russisch fiel das Blättchen des Belgiers. Nun ging das Geschrei nach dem Schiedsrichter los. Konrad Neupert, zuständig für die ordnungsgemässe Abwicklung des Opens, befand, dass beide Spieler fehlerhaft gehandelt haben, indem sie nicht regelgerecht die Uhr stoppten und eine Klärung durch den Schiedsrichter verlangten. Er gewährte beiden eine Minute auf der Uhr. Bologan ließ mürrisch einige Sekunden verstreichen und reichte dann die Hand zum Zeichen der Aufgabe. Kein großmeisterlicher Auftritt des Spielers, der gerade zum Monatswechsel in Minsk das Zonenturnier mit 11 aus 13 gewonnen hatte.

   Schachlich korrekt ging es dann mit Runde acht weiter. Hier spielte sich Daniel Fridman, der Lette aus Essen, weiter vor in die Spitzengruppe. Mit einen Sieg über Konstantin Landa rückte er an das Spitzenbrett. Der Dortmunder Großmeister Romuald Mainka festigte seine führende Position mit einem Sieg gegen Wladimir Epishin. Dagegen fiel Sergei Rublevsky zurück, als er eine Stellung Dame gegen zwei Türme zu sehr auf Gewinn forcieren wollte. Hier zeigte sich einmal mehr der besondere Reiz des Schnellschach-Opens. Die Spieler sind gezwungen, möglichst lange auf Gewinn zu spielen. Waghalsige Königswanderungen sind die eine Seite der Medaille, tückische Mattnetze die andere. Michail Gurevich profitierte von den überzogenen Gewinnanstrengungen und kassierte die Dame und den Punkt ein.

   Außerdem waren in der Vorschlußrunde des zweiten Ordix-Tages der Sieg von Valeri Beim im „Duell der Schwergewichte" gegen den Israeli Yochanan Afek zu bestaunen. Die Über-raschung aber blieb Ferenc Langheinrich, der diesmal Igor Glek niederstreckte. Auch Gisela Fischdick sorgte weiterhin für Aufsehen. Sie bezwang etwas glücklich den Spanier Vehi Bach, der am Vortag seinen großen Auftritt mit dem Sieg gegen Peter Swidler gehabt hatte.

   Auf der Bühne klären sich die Ausgangspositionen für den abschließenden Tag. Peter Svidler teilte sich - abweichend von seiner bisherigen Praxis - die Zeit optimal ein. Daniel Fridman (2539) musste die schwarzen Türme auf der zweiten Reihe walten lassen und beim Übergang zum Endspiel kam erst ein, dann ein zweiter Bauer abhanden. Romuald Mainka griff am zweiten Brett auf seine bevorzugte Holländische Verteidigung zurück und erreichte ein Endspiel mit zwei Leichtfiguren gegen einen Turm. Gegenseitige Freibauern zwangen dann aber auch seinen Kontrahenten Gurevich, die Stellung in Balance zu halten. Beide Spieler liegen mit 7,5 Punkten auf Tuchfühlung zum Spitzenplatz. Ebenfalls mit dabei ist wieder Sergei Rublevsky, der den Siegeszug von Nachwuchstalent Langheinrich stoppte. Dieser hatte forsch einen sizilianischen Angriff vorgetragen, aber in kühler Manier setzte der Russe seine Dame zur Verteidigung ein. Ein unbedachter Moment und schon war ein schwarzer Turm unangenehm auf die Grundlinie eingedrungen. Mit anrückender Zeitnot setzte sich die großmeisterliche Routine durch. Mit Siegen hievten sich auch die stets im Vorderfeld befindlichen Eric Lobron und Vadim Milov zurück ins Geschäft. Sie vervollständigen das Verfolger-quintett. Diesem ist ein Tross von acht Großmeistern plus dem angehenden Großmeister Karl-Heinz Podzielny auf den Fersen.

   Die derzeit bestplatzierten Damen sind Gisela Fischdick und Joanna Dworakowska mit 5,5 Punkten vor Anita Stangl und Ingrid Lauterbach mit 5 Punkten. Ferenc Langheinrich führt nach seinem bisher tollen Turnier die Jugendwertung an.

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