Startseite Rochade Kuppenheim

Jussupow tat Niederlage gut

Untergegangen im Meer der Fantasien

von Hartmut Metz

Frankfurt Chess Classic 2000


   Artur Jussupow tat die Niederlage gegen Fritz on Primergy gut, obwohl die Disziplin eine andere ist. Im Fischer Random Chess wird die Grundstellung ausgelost. Die Bauern bleiben auf der zweiten beziehungsweise siebten Reihe, während die Stellung der Figuren ausgelost wird. Dabei sind nur wenige Regeln zu beachten: Die Läufer müssen auf Feldern unterschiedlicher Farbe stehen, das Rochade-Recht besteht nur, wenn die normale (gewohnte) Position mit dem König auf e1 und einem Turm auf a1 oder h1 zu Stande kommt und beide Seiten erhalten dieselbe Ausgangsstellung. 960 verschiedene Möglichkeiten gibt es dadurch.

   In der Partie erreichte Fritz on Primergy schon bald eine „normal wirkende" Position, während Jussupows Stellung zum Beispiel an einem deplatzierten Springer auf a8 laborierte. „Ich wollte mich vorsichtig aufbauen. Bei der Auslosung konnte man ja kein Damengambit mehr nach 1.d4 spielen", ulkte die deutsche Nummer eins, „d5 wäre vielleicht schon ein Fehler. Besser, man vermeidet zunächst direkten Kontakt." Ein Verhalten, das Matthias Wüllenweber öfters beobachtet. „Dass es wenige Abtäusche gibt und zunächst alle acht Bauern auf dem Brett bleiben, ist charakteristisch", erläuterte der Chessbase-Chef und setzte fort, „Peter Leko befand, dass im Fischer Random Chess die Gefahr besteht, schon in den ersten zehn Zügen einen entscheidenden Fehler zu machen."

   Obwohl Jussupow nur eine Stunde Vorbereitung blieb - erst um 12 Uhr erfuhren beide Parteien die ausgeloste Stellung -, war er mit dem Verlauf der Eröffnung „im Prinzip zufrieden". Danach zeigte sich jedoch, dass „Fritz im Fischer Random klar im Vorteil ist. Während ein Großmeister hunderte von altbekannten Stellungsbildern abrufen kann, die er im Schlaf kennt, wird er bei dieser Abart in ungewohnte, bizarre Stellungen gelockt. Der Maschine ist das egal. Sie rechnet nur", referierte Wüllenweber über die Vor- und Nachteile für die Kontrahenten. „Nach cxb6 war ich nicht kreativ genug", erkannte Jussupow sein Grundübel. Das Endspiel verlief dann auch bald zu seinen Ungunsten, zumal die Bedenkzeit unbarmherzig nach unten tickte. Im 43. Zug hatte Fritz noch knapp über sieben Minuten, während die Uhr des Solinger Bundesligaspielers lediglich 1:23 Minuten anzeigte (pro ausgeführten Zug bekam er allerdings auf die Zeit, die am Anfang eine Viertelstunde betrug, wieder zehn Sekunden dazu). Zehn Züge später streckte der 40-Jährige in hoffnungsloser Lage die Waffen.

   Das Experiment empfand er trotzdem als „interessant". Fischer Random sei „für manche Spieler vielleicht eine Erleichterung, wenn sie Schablonen und Eröffnungstheorie hassen. Sie können dabei im Meer ihrer Fantasien schwimmen", meint Jussupow. Begünstigen könnte die Abart Weltklassespieler wie Alexander Morosewitsch und Alexej Schirow, weil sie „kreative Spieler" sind. Der Nationalspieler verwehrte sich jedoch dagegen, dass Garri Kasparow im Fischer Random Chess chancenlos wäre. „Er ist kreativ und spielt herrliche Partien". Der ehemalige WM-Kandidat räumte allerdings ein, Fischer Random würde Kasparows gewaltigen Vorteil, der auf seinem Eröffnungswissen basiert, „verkleinern". Auch wenn die Grundstellung eine halbe Stunde später beim Frankfurt Chess Masters wieder die normale war, brachte ihn der erste Teil des Matches im Fischer Random Chess (Teil zwei folgt am Sonntag um 13 Uhr) in Fahrt. „Ich hatte Glück in zwei Partien", bekannte Jussupow gewohnt bescheiden. Jedenfalls holte er in drei Begegnungen 2,5 Zähler, nachdem er am Vortag mit 1:3 Punkten weit von einer ausgeglichenen Bilanz entfernt gestartet war. „Ich war frischer", äußerte Jussupow, dass ihn das Match belebte.

beide Partien Shuffle Chess online


zur FCC 2000-Seite