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Matthias Burkhalters Buchrezensionen 1999

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Flaute auf dem Schachbuchmarkt

 

Was ist auch los auf dem deutschen Schachbuchmarkt? Harald Keilhack sucht einen Käufer für seinen guten Kania-Verlag, da an Schachbüchern schlicht nichts zu verdienen ist. Auch andere Verlage haben wenig Dynamik. Ausgenommen davon ist vielleicht unsere Schweizer Perle, der Olms-Verlag in Zürich. Trotz allem stelle ich einige Neuerscheinungen vor:

 

Helmut Wieteck: Richard Teichmann und das Schachturnier zu Karlsbad 1911
Hardback 139 Seiten, Schach-Profi-Verlag Reinhold Dreier, Ludwigshafen 1999

 

Auf Umwegen konnte ich eines der wenigen Exemplare der ersten Auflage, die auf sage und schreibe bloss 555 Stück limitiert ist, erwerben. Das vorliegende Werk enthält 69 Partien des einäugigen Grossmeisters aus den Jahren 1895 bis 1911. Es umfasst somit primär die Partien des Karlsbader Turniers 1911, das Teichmann zu gewinnen vermochte. Er liess dabei fast die gesamte Weltelite hinter sich: Schlechter, Rubinstein, Marshall, Nimzowitsch, Vidmar, Aljechin, Tartakower, Spielmann und insgesamt 25 Spitzenspieler hatten das Nachsehen gegen den als friedlich und bequem geltenden, genialisch begabten Recken aus Sachsen-Altenburg. Mit dabei waren damals auch Johner und Fahrni aus der Schweiz, die sich ganz beachtlich schlugen. Das Buch ist sehr gut und sauber gedruckt, es erweckt einen durchwegs positiven Eindruck. Negativ ist die „Titelgraphik" sowie das Fehlen jeglicher Quellenangaben. Aus den Kommentaren ist nicht ersichtlich, ob sie von Wieteck stammen oder aus einer älteren Quelle. Band 1 der „Kleinen Sammelbibliothek" ist somit ein nettes, durchaus interessantes Büchlein, ohne jedoch wissenschaftlichen Standards genügen zu können. Doch dies war wohl weder die Absicht des Autors noch des Verlages.

 

Attila Koranyi: Selected Chess Studies and Problems
Softback 140 Seiten, Caissa Chess Books, Kecskemet 1999, DM. 16.80

 

Attila Koranyi hat das vorliegende Büchlein kaum selbst geschrieben, denn der wohl erfolgreichste ungarische Problemkomponist der letzten Jahrzehnte ist leider 1997 als Dreiundsechzigjähriger gestorben. Es liegt uns nun eine schöne Übersicht des Lebenswerks vor. Von besonderem Interesse sind dabei auch die Studien, denn von insgesamt 110 Kompositionen erhielten 71 einen Preis, 33 davon den ersten. Alle Aufgaben sind mit ausführlichen Kommentaren versehen. Das Buch ist gut gedruckt und gut gebunden, alle Kommentare sind englisch und ungarisch, so dass ich jetzt weiss, dass „Döntetlen" „Remis" heisst. Für die englische Übersetzung hätte mir meine Lehrerin wohl eines hinter die Löffel gehauen. Es ist eine Zumutung, was heute in die Druckpresse gegeben wird, ohne dass vorgängig Korrekturen gelesen werden. Tröstlich mag ja sein, dass man sich bei Unklarheiten beim Englischen dem ungarischen Urtext zuwenden kann ... Trotzdem ein nettes und interessantes Büchlein.

 

Ehn Michael: Freude am Schach. 50 Partien eines Schachliebhabers
Hardback 61 Seiten, Wien 1997, 210 AS

 

Da ich ein recht bärbeissiger Kommentator bin, komme ich auf ein Büchlein zurück, das schon vor einiger Zeit erschienen ist, da es sich um ein regelrechtes Kuriosum handelt. Der bekannte Wiener Schachautor Michael Ehn (Grünfeld, Spielmann) hat nämlich über seinen Schachfreund Ewald Riedl ein eigenes Werk herausgegeben und zwar nicht irgendeine Broschüre, sondern eine Ausgabe mit hartem Umschlag, Rückenprägung, hochweissem Papier und Farbfotos, kurz ein Werk, das Erwartungen weckt. Die 50 kommentierten Partien hingegen überraschen, denn Riedls Elostärke liegt bei 1500 Punkten. Für uns Vereinsamateure liegt endlich ein Kompendium vor, dessen Inhalt wir völlig nachvollziehen können. Springergabeln, Einsteller und Horrorzüge können ganz unterhaltsam sein. Und aufgepasst, wer seine Partien gesammelt hat und ein bisschen Geld hat, reise mal nach Ungarn und publiziere seinen Nachlass. Adressen kann der Autor dieser Zeilen vermitteln.


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