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Peiniger Ehret: „Ziehen und laufen"

von Hartmut Metz, Januar 1998

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  Das Faschingsblitz ist zwar nicht jedermanns Geschmack, doch immerhin zehn Schachspieler beteiligten sich heuer an dem Spaßwettbewerb, bei dem dem Zufall Tür und Tor geöffnet ist - oder besser die Sympathien des Generals entscheiden. Die Partien werden ganz normal begonnen. Doch schon meist nach wenigen Zügen ertönt das erste Kommando des Generals: "Uhren anhalten. Alle Figuren ziehen wie Bauern", lautet ein Befehl. Oder ein Münzwurf entscheidet, welcher der beiden Spieler ziehen darf. Bei letzterem Fall gilt es, selbst dann ein Schach zu geben, wenn die eigene Figur geschlagen werden könnte. Mit einer 50:50-Chance ist man jedoch bei entsprechendem Münzglück gleich nochmals dran und kann den feindlichen König eliminieren. Pech für unseren Schatzmeister Ralf Ehret, daß sich Verweigerungshaltung durchsetzte, als er erklärte: "Die Münzwürfe müssen mit Fünf-Mark-Stücken durchgeführt werden und sind nach Beendigung der Partie bei mir abzugeben!"

  Mit solchen Befehlen sind die erfahrenen Kuppenheimer Faschingsblitzer nicht ins Schwitzen zu bringen. Das schaffte dafür Kommandogeber Ralf Ehret schon eher, wenn er verlangte, daß jeder nach getanem Zug einmal um die lange Tischreihe rennen mußte, ehe ein neuer Zug ausgeführt werden durfte. Die hektische Wuselei brachte manchen aus der Puste, auch wenn General Ehret den Befehl nicht über die vollen zehn Minuten Bedenkzeit aufrechterhielt. Schade, hätten dann doch Spieler bei denen die Beine besser funktionieren als der Kopf (also zum Beispiel bei mir, laboriere ich nicht gerade an einem Kreuzbandriß) auch einmal eine Gewinnchance.

   Als Ralf am Schluß degradiert wurde - es ging ja schließlich kaum an, daß er erst zu spät kommt und dann das ganze Turnier über seinen Sadismus ausleben darf (soll er mal zu Hause machen ...) - übernahm ich wieder das Kommando. Man will ja auch seine Neigungen ventilieren ...

   Das gelang mir mit einem Befehl, der relativ einfach schien, den acht Akteuren (ich hatte meine Partie schon gewonnen) zur Gaudi der Zuschauer jedoch eine Menge Kopfzerbrechen bereitete: Wer auf der linken Bretthälfte zog, mußte dies mit der rechten Hand tun. Auf der rechten Bretthälfte galt es, die linke einzusetzen. Die Konfusion war perfekt, nachdem zusätzlich noch geradezu kriminell hinzugefügt wurde, die Uhr ist mit der anderen Hand zu drücken, sollte die gezogene Figur den Rubikon auf der Mitte des Brettes überschreiten. Verstanden?

  Die meisten Spieler auch nicht. "Sogar die Bischweierer schaffen das!" ulkte daher Alexander Hatz, der als einziger zusammen mit Kai Götzmann seine Partie ohne Fehl und Tadel beendete. Die anderen Begegnungen wurden dagegen allesamt durch technische Schnitzer entschieden!

  Indes nutzte Hatz sein Können nichts. Mit 6,5:2,5 Punkten wäre er nach der herkömmlichen Zählweise an der Spitze gestanden - doch wie bei Faschingsturnieren üblich, entscheiden Sonderwertungen. Die legten die Zuschauer nachher fest: Acht Punkte gab es für eine Niederlage, sechs für ein Remis und nur fünf für einen Sieg. Der zweite Vorsitzende fand sich dadurch auf dem letzten Platz wieder, während es Fritz Kolb nach ganz vorne spülte. Mit 66 Zählern lag er deutlich vor dem neuesten Rochade-Mitglied, Robert Miklos (61), und Vjeko Visnic (58). Ihm bescherte ein Münzwurf den dritten Rang vor dem punktgleichen Kai Götzmann. Mit Gewißheit war der letzte Buchpreis bei Vjeko Visnic besser aufgehoben, erhielt er doch für seinen fünfjährigen Sprößling ein herrliches Disney-Schachlehrbuch mit Mickey Mouse und Goofy, das der Schneider-Verlag erst vor kurzem auf den Markt gebracht hatte. Im übrigen ein Buch, mit dem man Kinder sicher sehr gut zum Schach animieren kann.

  Bleiben die zwei Fehlleistungen des Abends zu vermerken: Ralf Ehret führte sich als General in der dritten Runde mit dem Kommando ein, "jeder, der Weiß hat, tauscht mit dem, der Schwarz hat, die Unterhosen". Vermutlich wollte er sagen, jeder, der eine schwarze Unterhose hat, tauscht mit dem, der eine weiße hat. Da wir aber nur Scheiß labern, ihn aber nicht in den Unterhosen abgleiten lassen, behielten unsere zehn Helden ihre blütenweißen Unterhosen an (abgesehen davon, daß ich meiner Erinnerung zufolge an diesem Abend eine rote trug und mich deshalb nicht angesprochen fühlte).

   Erbaulich fand ich den Lapsus von Günther Tammert, als Vjeko den Befehl ausgab, "alle Damen dürfen nicht mehr ziehen". Günther brach in Triumphgeheul aus, weil meine Dame ein Matt auf f7 deckte: "Ja, Kollega, dann bist du matt!" jubilierte er und setzte seine Dame lauthals auf f7. Wonach es an mir war, Freudengeschrei von mir zu geben: "Verloren! Damen dürfen nicht ziehen ...!"


Endstand Faschingsblitz:

Nr.

Name

Punkte

1.

Fritz Kolb

66

2.

Robert Miklos

61

3.

Vjeko Visnic

58

4.

Kai Götzmann

58

5.

Uwe Gantner

57

6.

Günther Tammert

57

7.

Daniel Wörner

56

8.

Hartmut Metz

55

9.

Frank Schäfer

53

10.

Alexander Hatz

51


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