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Kampf um einen Borromini

REO - Die Aera Hatz


Rochade Express, Nr. 48, Seite 10f, "Kampf um einen Borromini"
von Hartmut Metz

   Auf Grund meiner guten Beziehungen in die Schweiz - ich schreibe gelegentlich für die dort ansässigen Schachmagazine Berichte - lud mich das "Schweizer Schach Magazin" zum Bundesturnier nach Disentis ein. In Helvetien gibt es zwei verschiedene Schachverbände: Zum einen den "normalen" und dann noch den ebenfalls sehr großen Schweizer Arbeiterschachverband (SASB). Da sich Intellektuelle wie ich gerne ein Arbeiterimage geben, obwohl sie eigentlich nicht viel arbeiten, sagte ich gerne zu und mischte beim Bundesturnier mit. Das SASB-Treffen ähnelt sehr dem Badischen Schachkongress: Mehrere hundert Teilnehmer wirken in verschiedenen Turnierkategorien mit. In der Schweiz geht es allerdings nicht um Auf- oder Abstieg. Die Spielklasseneinteilung erfolgt nach der ELO. So wurde ich in das recht gut besetzte Meisterturnier gehievt. Ich erwies mich als netter Gast und verteilte gleich zu Beginn 1,5 Punkte. Nach einem Remis patzte ich in der fürchterlich schlechten zweiten Partie einen ganzen Zähler ein. Na ja, es hätte auch zu komisch geklungen, wenn ein Kuppenheimer Schweizer Bundesmeister geworden wäre.

   Nachdem ich meine Geschenke verteilt hatte, erwiesen sich nun die Schweizer als gastfreundlich - allerdings nicht auf dem Brett. Hier musste ich schwer kämpfen, um vier Partien in Serie zu gewinnen. Lediglich ein Gegner machte es mir leicht und übersah im Königsgambit ein "langes" Damenschach mit anschließendem Figurengewinn. In der siebten und letzten Runde hoffte ich auf einen harten Kampf, in dem mein Kontrahent oder ich obsiegen würde und so einer von uns noch einen stattlichen Geldpreis einstreichen würde. Dummerweise machte mein Gegner keinerlei Anstalten, das Spiel zu gewinnen. Obwohl er von der ELO kaum schlechter als ich war und die weißen Steine führte, holzte er alles im Remissinne ab! Adieu, ihr schönen Fränkli, dachte ich und fuhr mit dem Zug wieder nach Hause.

   Wenig später erreichte mich dann per Brief ein Borromini (100 Franken). Mein Schweizer Schachfreund Matthias Burkhalter teilte mir mit, dass ich mit fünf Punkten als geteilter Sechster noch gerade ins Geld gekommen war. Bei einem Sieg in der Schlussrunde hätte ich mich sogar noch auf den geteilten dritten Platz verbessertl So aber konnte ich mit dem fünftägigen Trip in die Schweiz beinah rundum zufrieden sein: Lediglich, dass die sehr freundlichen Schweizer kein rechtes Deutsch können, störte meine Ohren. Die Berner, zu diesem Schlag zählten leider meine neuen Kumpels, sind nur sehr, sehr schwer zu verstehen. Wesentlich besser geht es mit den Zürichern. Baseler lernte ich leider keine kennen - die soll man übrigens sogar richtig gut verstehen.

   Neben einigen Brocken Rätoromanisch, die ich in Disentis lernte, bereitete mir vor allem die nachstehende Partie viel Freude:











Metz - Burkhalter
Budesturnier
Disentis 1991

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Lb4 4.e5 c5 5.a3 Lxc3+ 6.bxc3 Dc7 7.Dg4 f5!? Vermeidet das scharfe und zweischneidige Spiel, das nach [ 7...Se7 8.Dxg7 Tg8 9.Dxh7 ] entsteht. 8.Dh5+ Df7 9.Dh3!? Eine Neuerung, die wie üblich mangels Theoriekenntnissen entsteht. Der Zug ist gar nicht so ohne und scheint eine Alternative zu dem sonst üblichen [ 9.Dxf7+ Kxf7 10.Sf3 ] zu sein. 9...Se7 10.Sf3 Sg6?! Bereits der erste ungenaue Zug. Schwarz fürchtet sich zu sehr vor den Folgen von 11.Sg5, was aber nach Dg8 nebst h6 und g5 nichts einbringt. 11.Le2 Sd7? Der Springer gehört nach c6. 12.Sg5 De7 13.f4 Unterbindet den eventuellen Vorstoß h6 in Verbindung mit g5, scheint aber die Aktivität des Läufers zu unterbinden. Dieser strebt jedoch ohnehin nach a3, von wo aus er tief ins Feindesland strahlt. 13...Sdf8 Da zeigt sich auch schon das Dilemma: [ 13...Sb6? 14.a4 c4 15.a5 Sd7 16.La3 Dd8 17.0-0 spielt nur Weiß in die Hände.] 14.De3! Übernimmt zahlreiche Funktionen: Deckt f4, macht h3 frei für den Springer und übt Druck auf c5 aus. 14...h6 15.Sh3 c4 16.a4 Ld7 17.La3 Dh4+ 18.Kd2 Lc6 [ 18...0-0-0 19.Ld6 beließe Weiß gute Angriffschancen.] 19.Thg1 Plant g4 und Druckspiel auf der g-Linie. 19...Dd8?! 20.Dg3! Dh4 Die einzige Möglichkeit, um Materialverlust durch Lh5 abzuwenden. 21.Df3 [ 21.Dxh4 Sxh4 22.g3 Shg6 23.Lh5 Kd7! 24.g4 Sh4! hält die Stellung.] 21...Kd7 22.g4! Se7 23.Tg3 Tg8 24.Sf2 Seg6 Sonst geht die Dame verloren. 25.Tag1! Te8 26.gxf5! Der Rest ist leicht zu berechnen. 26...Dxf4+ 27.Dxf4 Sxf4 28.f6! Td8 29.Txg7+ Txg7 30.Txg7+ [ Ausreichend ist auch 30.fxg7 S8g6 31.Lf8! Txf8 ( 31...Sxf8 32.g8D ) 32.gxf8S+ Sxf8 33.Tg7+ ] 30...Kc8 31.Le7 Te8 32.Tg8 S4g6 [ 32...S8g6 33.f7! ] 33.Lh5 Sxe7 34.fxe7 Txe7 35.Txf8+ Kc7 36.a5 Tg7 37.Tf7+
1-0




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