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Hartmut Metz: Open Baden-Baden

REO - Das neue Format


Rochade Express, Nr. 31, Seite 14f, "Open Baden-Baden 1988"

   Mein Abschneiden beim diesjährigen Open war die Sensation. Dabei begann alles so schlecht. Ich wollte dieses Jahr endlich einmal auf eine Elo-Zahl spielen, nachdem dies im letzten Jahr von der Turnierleitung verschlafen wurde. Mein Antrag, auf IM-Norm spielen zu wollen, wurde leider nicht entsprochen. Inzwischen bereue ich dies allerdings nicht mehr. Mein Ziel war es im Übrigen, wieder bester Mittelbadener zu werden und zumindest die 6 Punkte aus dem Vorjahr zu wiederholen. Danach sah es aber nach 2 Runden bei Gott nicht aus: Ein halber Zähler stand lediglich zu Buche. Der Start war wie im Vorjahr miserabel. Dabei hätte ich beide Spiele gewinnen können, ja müssen.

   In der ersten Runde traf ich auf den Jugoslawen Culic (Elo 2260). Seine teilweise dubiose Eröffnungsbehandlung gedachte ich im 14. Zug mit einem Bauernopfer endgültig zu bestrafen. Ein Fehler, der den Jugoslawen ins Spiel brachte. Ohne großen Kampf ging ich ein. Dies sollte der Stuttgarter Gehring büßen. Miserable Endspielbehandlung verhinderte das jedoch. Die 3. Runde brachte immerhin eine feine Abschlusskombination (siehe Partiefragment am Ende des Artikels). In der nächsten Partie sah es lange sehr düster aus. Die Stellung war jedoch noch etwas besser als die Schaulustigen annahmen. Nach einigen Ungenauigkeiten meines unerfahrenen Kontrahenten siegte ich dann im Endspiel (siehe 2. Partiefragment). Leichtes Spiel hatte ich auch in der fünften Runde Mein Gegner rechnete sich offensichtlich nichts gegen mich aus und stand deshalb vor mir wie das Kaninchen vor der Schlange. Die Kobra biss dann auch unbarmherzig zu (Partiefragment 3). Auf dem Weg zum vierten Sieg in Folge stand mir jetzt der Finne Nykopp (Elo 2240) im Wege. In einer von mir gut und originell geführten Partie trug ich leicht den Sieg davon. Somit hatte ich wie 1987 nach einer Siegesserie 4,5 Zähler und war wieder "bei den Leuten". Der jugoslawische Großmeister Ciric kam mir da gerade recht. Mein erster GM-Skalp musste her. Meinen Panow-Angriff beantwortete er nicht gerade virtuos. Nach 14 Zügen schockte er mich geschickt mit einem Remisangebot. Nach langem Überlegen lehnte ich ab und fand nicht die beste Fortsetzung. Im 18.Zug einigten wir uns dann auf die Punkteteilung. Wie mein Gegner Schaffarth (Elo 2245) in die Weltrangliste kam wird wohl auf immer ein ungeklärtes Rätsel bleiben. Einige Patzer erleichterten mir den Sieg. Nach dieser Partie wurde mir eines klar: Von unserer ersten Mannschaft haben alle gute Chancen sich in der Weltrangliste zu platzieren! Ich hatte jedenfalls schon vor der letzten Runde 6 Punkte gesammelt und war schon fast sicher bester Mittelbadener. Genauso war die erste Teil-Elo-Zahl unter Dach und Fach.

   Wie hoch diese werden würde, hing aber von der letzten Partie ab. Obwohl ein Geldpreis für mich in Reichweite lag, gab ich bei der Turnierleitung an, einen weiteren Elo-Träger als Gegner zu wünschen. Dieser Mut sollte sich bezahlt machen (im wahrsten Sinne des Wortes).

   9. Tag: Natürlich war ich an diesem Morgen etwas nervös. Kurzfristig hatte ich eine Vorahnung, dass ich heute meine Spezialvariante aus dem Königsgambit vorgesetzt bekäme. Dieses Hirngespinst war dann aber gleich wieder verdrängt. Im Kongresshaus erfuhr ich meinen Gegner: Tisch 6, IM Basagic. Wolfgang hob meine Stimmung. Er teilte mir mit, dass der IM immer auf e4 e5 spielt. Das Königsgambit war also gesichert! Interessant würde es gewiss werden. In einer Partie in Baden-Baden ließ Basagic auf 1.e4 e5 2.f4 Lc5 folgen. Da hatte ich schon die Theorie verbessert (Wer erinnert sich nicht an die Partie gegen den Durmersheimer Wolf?). Mein Gegenüber versuchte es dann doch anders. Das Nimzowitsch-Gegengambit! Da war er an den falschen geraten! Ich entsann mich nun auch wieder, dass ich am frühen Morgen, oh merkwürdiger Zufall, noch Gedanken an diese Variante verschwendet hatte! Ich sollte vielleicht Hellseher werden … Der Rest von der Partie ist im übrigen Geschichte (siehe Partie).

   Da stand ich nun. Geteilter 3. Platz mit 7 Punkten! Des Weiteren erheiterte eine erste Teil-Elo-Zahl von 2465 mein schlichtes Gemüt! Im Übrigen durfte ich noch am Abend mein hohes Preisgeld mit 6 IM und einem GM teilen. Das war also kein Tag zum traurig sein.

   Im Blitz spielte ich am Nachmittag eigentlich recht gutes Schach. Leider war ich entgegen sonstiger Gepflogenheit etwas langsam. Die Partie am Morgen hatte wohl zu viele Kräfte gekostet. Mit 8:5 Zählern schrammte ich um einen Punkt an den Geldpreisen vorbei. Ausnahmsweise grämte mich dies wenig.











Metz - Doering
Open Baden-Baden 1988

Schwarz spielte 17...exd4? 18.Txe8+ Sxe8 19.Dh5! Dc5 Der einzige Zug. 20.Te1! Sf6?! [ 20...g6 21.Dh4! Tb8 22.Sh6+! Kg7 23.Sxf7! Kxf7 24.Dxh7+ Sg7 25.Dxg6+ wonach Schwarz ebenfalls verloren ist.] 21.Dg5
1-0













Wollenweber - Metz
Open Baden-Baden 1988

29.Lxg7?! [ Besser ist 29.e5 dxe5 30.d6 Te6 31.Ld5 e4 32.Lxe6+ ] 29...Kxg7 30.Tce1 fxe4 31.Txe4 Txe4 32.Txe4 Sf6 33.Txe8 Sxe8 34.De4 Kf7 35.f5? g5 36.Df3?! Sf6 37.g4? S8d7! In nun leicht besserer Stellung hoffte ich bereits wieder auf den Sieg. 38.Dg3 Se5 39.Sxe5+ dxe5 40.Kh2? Dd6 41.Dd3? e4+ Der Sieg ist unter Dach und Fach. 42.Dg3 Ke7! 43.Lh1 Dxg3+ 44.Kxg3 Kd6 45.h4 Ke5 46.hxg5 hxg5 47.Lg2 Sxd5 48.Kf2 Sf6 49.Kg3 Kd4
0-1













Metz - Pappenheim
Open Baden-Baden 1988

Nach 16...b4? hatte ich nur noch ein Problem 17.Sa4 d5? Damit war auch dieses gelöst. 18.exd5 exd5 19.Lxh7+! Dieser Opfereinschlag war lange geplant. Nur war es schwierig, den Bauern e4 zu entfernen. 19...Sxh7 20.Dh5 Ld6 21.Dxh7+ Kf8 22.Dh8+ Ke7 23.Dxg7 Tg8 24.Df6+ Kd7 25.Lb6 und aufgegeben, zum Beispiel wegen: [ 25.Lb6 Db8 26.Sac5+ Lxc5+ 27.Sxc5+ Ke8 28.Te1+ Kf8 29.Sd7# ]
1-0













Metz - IM Basagic
Open Baden-Baden 1988

1.e4 e5 2.f4 d5 3.exd5 c6 4.De2! cxd5 5.fxe5 Sc6 6.Sf3! Lg4 7.Df2! Diesmal nur mit einem Ausrufezeichen, nachdem der Zug in der BT-Schachspalte noch zwei erhielt. Darüber erregte sich halb Schach-Mittelbaden. Warum eigentlich? Noch ist mein neuer Zug von niemandem widerlegt worden! Die Stärke des Zuges steht also bisher außer Frage. Und wann zieht man in der Eröffnung die Dame einmal, geschweige denn zweimal? Der ehemalige Weltmeister Aljechin spielte 1911 in Karlsbad 7.c3, stand aber nach 7..d4 schlechter. 76 Jahre später habe ich in der Verbandsliga mit dieser am Brett gefundenen Neuerung schon einmal gewonnen. 7...Da5 8.c3 d4?! 9.Sxd4 Dxe5+ 10.De3 0-0-0 11.Lb5 Dxe3+ 12.dxe3 Schwarz hat einen Bauern weniger für nichts. 12...Se5 13.Sd2 Sf6 14.S2f3 Ld6 15.0-0?! Stärker war 15.Sxe5, wonach Schwarz über kein Gegenspiel verfügt. 15...Sxf3+ 16.gxf3? [ 16.Sxf3! ] 16...Lh3 17.Te1 Lc5 18.Lf1 Ld7 19.e4 g5 20.Kh1 Thg8 21.Sb3?! [ 21.Le3! ] 21...Lf2 22.Te2 Lb6 23.Le3 Lc7 24.Td2?! Jetzt droht zwar Lxa7, weil b6 wegen La6 Matt nicht geht, der IM kann jedoch dies einfach ignorieren und, was ich auch erwartete, g4 spielen. 24...g4! 25.Lg2 gxf3 26.Lxf3 Lc6 27.Txd8+ Lxd8 28.Sd2 Te8 29.Tf1 Kb8?! Das Nehmen auf e4 ist vorzuziehen. 30.Ld4 Sd7?! 31.e5 Weiß steht auf Gewinn. 31...Sxe5 32.Lxe5+ Txe5 33.Lxc6 bxc6 34.Txf7 h5 35.Sc4 Tg5 36.Sd6 Lb6 37.h3 Tg1+ 38.Kh2 Tg8 39.Tb7+ Ka8 40.Te7 Tb8 41.Sc4 Ld8 42.Th7 h4 43.Kg2 Lf6 44.Tf7 Tg8+ 45.Kf2 Ld8 46.a4 Kb8 47.Se5 Lb6+ 48.Ke2? Ein dummer Fehler. Diese kleine Falle ermöglicht zwar Turmtausch und bot auch den Zuschauern etwas, doch [ 48.Kf3! Tg3+ 49.Ke4! Te3+ 50.Kf5 Txh3 51.Sxc6+ Kc8 ( 51...Ka8? 52.a5 Lg1 53.a6 mit Mattdrohung.) 52.Sxa7+ gewinnt ganz einfach.] 48...Te8 49.Tf8! Txf8 50.Sd7+ Kc7 51.Sxf8 Der Abgabezug. Nach der Analyse wurde die Partie unter Einsatz wirklich aller Mittel zu Ende gebracht! Sehen Sie erst noch den Schluss, um danach die Analyse der Hängepartie verfolgen zu können. 51...Kd6 52.Sg6 Ld8 53.Kd3 Ke6 [ Die Gewinnführung, die am Brett sicher nicht sehr leicht gewesen wäre, zeigt folgende Möglichkeiten: 53...Lg5 54.Kd4! Lf6+ 55.Ke4! Kc5 ( Eine weitere Chance besteht nach 55...Ke6 56.Sf4+ Kd6 57.Sd3 Ke6 58.c4 a5 Schwarz kann auf diesen Zug auch verzichten. ( Am kompliziertesten wird dieses lehrreiche und instruktive Endspiel nach dem Verzicht auf 58..a5 58...Kd6! 59.b3 Ke6 60.c5 Le7 61.b4 Lf6 ansonsten Se5! 62.Sf4+ Kd7 63.Kf5 Le7 Anmerkung: An dieser Stelle muss die Analyse leider unterbrochen werden, da das unmögliche 64.Se5+ als nächster Zug angegeben ist. ( Nicht 63...Lc3 64.Sd3 Ke7 65.Se5+- ) ) 59.b3 Kd6 60.c5+ Ke6 61.b4 axb4 ( 61...Ld8? 62.bxa5 Lxa5 63.Se5 Lb4 64.Kd4+- ) 62.Sxb4 Kd7 63.a5 Kc7 64.a6 Le7 65.Kd4 Lf8 66.Kc4 Le7 67.a7 Kb7 68.Sxc6 Lf8 69.Kd5 Lh6 70.Se7 Kxa7 71.Sf5 Lg5 72.Kd6 Kb7 73.Kd7 und Weiß gewinnt.) 56.Kf5 Ld8 ( 56...Lg7 57.Sxh4 Kc4 58.Sf3! Kb3 59.Sd4++- ) 57.b3 Kd6 ( 57...Kd5 58.Sf4+ Kd6 und Übergang in die folgende Variante mit Mehrtempo. ) 58.Sf4 Le7 59.b4 Ld8 60.c4 a5 61.c5+ Kd7 62.bxa5 ( Nicht 62.b5 cxb5 63.axb5 a4= ) 62...Lxa5 63.Sg6 Ld8 64.Se5+ Kc7 65.Ke6 Kb7 Wegen der Drohung Sf7! 66.Kd7 Lg5 67.Sxc6 Le3 68.Kd6 Ka6 69.Se5 und gewinnt.] 54.Ke4 aufgegeben.
1-0




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