Startseite Rochade Kuppenheim

Mit fünf Damen in die Ehe

Mit lüsterner Vielweiberei scheidet Alexander Hatz aus dem Junggesellendasein

von Hartmut Metz, Mai 2001

zu den Schachtexten

 

   Weiber! Was verstehen sie schon von den wirklich wichtigen Dingen im Leben? Eben, nichts. Nehmen wir zum Beispiel die Hochzeitsvorbereitungen: Chefeinpeitscherin Daniela Walter befahl ihrem Mietsklaven vom Dienst, Hartmut Metz, er habe sich als Trauzeuge am Tag X spätestens morgens um 8 Uhr beim Bräutigam einzufinden. Ansonsten geduldig wie ein Esel, wehrte er sich aus naheliegendem Grund: 8 Uhr! Zu nachtschlafender Zeit, wenn sich ehrliche Leute, also Journalisten, nach harter Fron in der Nacht zuvor noch einmal auf der Matratze umdrehen! Nein, nicht zu jedem Opfer war der Mietsklave bereit. „Ach was, wozu denn das? Wenn ich um 10.25 Uhr, fünf Minuten vor Abfahrt mit dem VW Cabrio, da bin, reicht das", provozierte Hartmut einen Disput. Man kennt das ja bei Frauen. Null Logik, weshalb Schach auch den niedrigsten Frauenanteil aller Sportarten (rund sechs Prozent) hat. Wenn ihnen kein gescheites Argument einfällt, argumentieren sie gerne mit Hilfe anderer. Dieser hat gesagt, der meinte ... und überhaupt, was sollten die Leute denken? Besonders infam wurde in diesem Fall die Braut als Argumentationshilfe herangezogen. Dieser konnte sich der Trauzeuge doch unmöglich verschließen? „Alexander ist schon jetzt ganz nervös wegen der Hochzeit, hat mir Nicole erzählt. Und wie wird das erst am Hochzeitstag sein?", versuchte Daniela Hartmut zu überzeugen.

   Ha! Da war sie an den Falschen geraten! Alexander und nervös! Beim Schach behält der zweite Vorsitzende der Rochade Kuppenheim auch in hochgradiger Zeit - zweifellos die angespannteste Situation, in die ein Mensch überhaupt geraten kann - kühlen Kopf. Und nun sollte er wegen solch einem Kinkerlitzchen wie einer Hochzeit nervös sein? „Nicole berichtete mir, dass Alexander erzählte, er habe beim letzten Spiel ständig zur Toilette rennen müssen", setzte Daniela unerbittlich nach, „und wenn er da schon nervös ist!" Hartmut musste lachen. „Gegen Untergrombach ging es ja auch um etwas! Wir kämpften um den Oberliga-Klassenerhalt, und Alexander spielte die entscheidende letzte Partie! Was ist da schon eine Heirat dagegen?" Tssss, tsss, tssss. Typisch Frau! Weiß nicht, worauf es im Leben ankommt. Den letzten Satz verkniff sich der Trauzeuge allerdings gegenüber der Trauzeugin und beließ es bei einem innerlichen Kopfschütteln über die merkwürdigen Ansichten des schwachen Geschlechts, das die Bedeutung des Sports überhaupt nicht einzuordnen weiß ... Jedenfalls einigten sich Alexander und Hartmut später darauf, dass keiner von ihnen wegen dieser, dieser, wie hieß sie doch gleich wieder, ah, Hochzeit, nervös sei. Eine Stunde zuvor (wie beim Spiel der Spiele in Untergrombach), 9.30 Uhr, hätte man immer noch genügend Zeit, um vor dem Gang zum Standesamt ein paar Blitzpartien zu spielen. Pünktlich um 10 Uhr traf Hartmut dann auch ein.

   Doch nun noch mehr über Alexanders wichtigste Stunden im Jahr 2001: Schlichtere männliche Gemüter mögen am Vorabend der Heirat bei einem Junggesellenabend die Sau rauslassen. Nicht jedoch Schachspieler! Anstatt den Abend sinnlos mit ein paar Stripperinnen zu vergeuden, erfreuen sie sich lieber beim Damentausch auf dem Schachbrett. Besonders wüst trieb es Alexander bei seiner letzten Begegnung als Junggeselle. Dass der Schwerenöter innerhalb von nur sechseinhalb Stunden zwei schwarze Damen vernaschte (dabei einmal mit Damentausch!) und sich mit drei eigenen verlustierte - solch eine Vielweiberei kannten selbst seine besten Freunde bei der Rochade nicht von ihm. Nachstehend die Partie, die der Schachgemeinschaft beim Stand von 3,5:3,5 den Klassenerhalt in der Oberliga sicherte.









Stellung nach:

W: Hatz S: Kolb

1.Sf3 d5 2.g3 c6 3.Lg2 Lg4 4.c4 dxc4 5.Sa3 Dd5 6.Dc2 b5 7.Sh4 De6 8.d3 cxd3 9.Dxd3 Sehr sensibler Umgang mit der Dame. 9..Sa6 10.Sxb5 Td8 11.Sd4 Sb4 Ein verwerflicher Vorfall, der Alexander löblicherweise nur im Schach passiert: Er schlägt eine Dame! Zu seiner weiteren Entlastung sei erwähnt, dass es eine gegnerische ist, die ihm Böses will. 12.Sxe6 Sxd3+ Kein ganz schlechter Tausch: eine Dame gegen ein Pferd - auch wenn es in Arabien ein paar Tausend Kamele für manche Dame gibt. 13.exd3 Lxe6 14.Lxc6+ Ld7 15.Lxd7+ Txd7 16.Le3 e6 17.Ke2 Le7 18.Sf3 Lf6 19.d4 Se7 20.Tac1 0-0 21.Tc4 Sf5 22.Thc1 Tfd8 23.Tc8 g6 24.Txd8+ Lxd8 25.g4 Se7 26.Se5 Td6 27.b3 Kg7 28.Tc4 Lb6 29.Ta4 Sd5 30.Tc4 La5 31.a3 Sc3+ 32.Kd3 Sd5 33.Tc6 Td8 34.Sc4 Lc7 35.h3 Tb8 36.Kc2 Ld8 37.Td6 Tc8 38.Kd3 Tb8 39.b4 a5 40.bxa5 Eigentlich interessiert's ja keinen, weil es in dieser Partie nur um die Vielweiberei geht. Trotzdem die Fußnote: ein typischer Hatz'scher Zug. Der Meister frisst, was er kriegen kann. Auch hier mit fettem Erfolg. 40...Tb3+ 41.Kd2 Le7 42.Td7 Lxa3 43.a6 Lc1+ 44.Ke1 Lxe3 45.fxe3 Tb1+ 46.Kf2 Ta1 47.a7 Man sieht bereits den Geifer im Gesicht des Junggesellen, der nach einer zweiten sexy Dame giert. 47...g5 48.Tb7 h5 49.e4 Sc3 50.Sb6 Sxe4+ 51.Ke3 hxg4 52.Kxe4! Ganz simpel hätte der bald Vermählte in seiner letzten Partie auf g4 zurücknehmen können, um einfach den Partiegewinn einzufahren. Doch sein Fleisch gelüstete es ein letztes Mal nach fremden Damen. Deshalb ein beachtlicher Zug, der ansonsten ein Fragezeichen als schwacher verdient hätte. 52...gxh3 53.a8D Meister Hatz hätte auch durchaus zu einer Unterverwandlung greifen können. Zum Beispiel indem er ein Ross wählt! Das hätte zwar seiner Trauzeugin und Pferdenärrin Daniela Walter mächtig imponiert, wäre aber in dieser Situation äußerst unklug gewesen! Mutmaßlich hätten ihm seine Kameraden auf besondere Art und Weise mit Pferden gedankt. Genau genommen mit deren vier, die für eine Vierteilung nun einmal gebraucht werden. Eine durchaus angebrachte Sanktion, bedenkt man, dass die Unterverwandlung den Abstieg aus der Oberliga besiegelt hätte (übrigens hätte man ihn bei einer Turmunterverwandlung von einem Turm gestürzt, vielleicht dem schiefen von Pisa; bei einem Läufer hätte man Alexander wohl zeitlebens in ein Hamsterlaufrad eingesperrt). Weiser zweiter Vereinsvorsitzender der er ist, zog Alexander geschickt den Kopf aus der Schlinge und wählte stattdessen eigennützig den Pfad der Untugend, sprich der Vielweiberei mit der zweiten Dame seines Herzens. 53...Te1+ 54.Kd3 h2 55.Sd7! Ganz im Sinne der Vielweiberei. Gleich Tb8 hätte den Spaß mit einem schnellen Sieg ohne weitere Höhepunkte rasch verdorben. 55...h1D Wie schon erwähnt, soll er ja völlig unruhig sein, der Meister Hatz. Hier beweist der Rochade-Routinier, dass er auch bei knapper Bedenkzeit die Übersicht behält und ausreichend gute Züge spielt. Von wegen aufgeregt! 56.Df8+ Kh7 57.Dxf7+ Kh6 58.Df8+ Kg6 59.Df6+ Kh5 60.Dh8+ Kg4 61.Se5+ Kg3 62.Dxh1 Geil, ein Damentausch! Gut, gut, man kann ihm vorwerfen, langsam werde die Schlagerei von Damen notorisch. Doch auch hier gilt das vorher gesagte. Weiß rettet nur sein eigenes Leben, nach dem ihm die dann Ex-Kameraden im Falle der Niederlage getrachtet hätten. 62...Txh1 63.Tg7 Kf4 64.Tf7+ Kg3 65.Tf3+ Kg2 66.Tf6 Td1+ 67.Ke3 Te1+ 68.Kd2 Te4 69.Kd3 Th4 70.Txe6 g4 71.Sxg4 Txg4 72.Tf6 Kg3 73.Kc4 Kh4 74.Kc5 Kg5 75.Tf2 Kg6 76.d5 Ta4 77.d6 Ta5+ 78.Kc6 Ta6+ 79.Kd5 Ta1 80.d7 Td1+ 81.Ke6 Te1+ 82.Kd6 Td1+ 83.Ke7 Te1+ 84.Kd8 Ta1 85.Tf4 Kg5 86.Td4 Kf6 87.Ke8 Te1+ 88.Kf8 Th1 89.d8D+ Nun schon die dritte weiße Dame in einer Partie! Wie soll das erst im richtigen Leben sein? Die dritte macht es aber so richtig wie seine Künftige Nicole Kraft: Zusammen setzen sie alle matt. 89...Ke6 90.Dd5+ Weil das auch langsam der Gegner einsieht, streckt er die Waffen! Liebe Nicole, vergib ihm noch einmal! Es ging um den Klassenerhalt seiner zweiten Liebe, der Rochade. Deshalb zwang ihn sogar sein Trauzeuge und Mannschaftsführer zur Vielweiberei. Es soll nie mehr vorkommen - außer natürlich demnächst wieder auf dem Schachbrett. Lechz! 1-0

zur Artikelübersicht