Startseite Rochade Kuppenheim

Rochade düpiert deutschen Meister

Kuppenheim bei Bezirkstitelkämpfen im Blitz sensationell vor Baden-Oos; Herbrechtsmeister auf Anhieb Einzel-Blitzmeister

von FM Hartmut Metz, Oktober 2003

zu den Schachtexten

 

   Die Rochade Kuppenheim hat bei den Bezirks-Blitzmeisterschaften ihren überraschendsten und vielleicht auch größten Erfolg gefeiert: Die Schachgemeinschaft gewann vor dem amtierenden deutschen Blitzmeister SC Baden-Oos den Titel! Das Quartett in der Aufstellung Hartmut Metz, Christof Herbrechtsmeier, Velimir Kresovic und Oliver Weiß bezwang alle drei Teams des Bundesligisten und blieb auch ansonsten ungeschlagen. Lediglich beim 2:2 gegen Gastgeber SG Baden-Baden gab der Oberligist einen Zähler ab. Mit 19:1 Punkten ging der Außenseiter knapp vor der ersten Baden-Ooser Mannschaft (18:2) über die Ziellinie. Rang drei unter elf Teams sicherte sich Baden-Oos II (13:7) vor Verbandsliga-Aufsteiger SC Iffezheim (12:8).

 

Hartmut Metz

Hartmut Metz

 

   Bei Kuppenheim überragte Herbrechtsmeier mit acht Siegen und zwei Remis. Ein noch besseres Resultat verpasste Kresovic (8,5:1,5), weil er gegen den Iffezheimer Ramadan Raka ein Matt in zwei Zügen ausließ. Zudem tappte er kurz vor der Zeitüberschreitung seines Kontrahenten in das einzige einzügige Matt, das Raka noch retten konnte. Auf der Höhe zeigte sich auch der zweite Debütant in den Farben der Rot-Weißen: Oliver Weiß (7,5:2,5) verlor zwar zwei Partien - die aber gegen die Vereine aus der unteren Tabellenhälfte (Baden-Baden und Schlusslicht Iffezheim II). Spitzenspieler Metz setzte sich in den sieben Partien durch, die er gewinnen sollte, darunter eine hübsche Partie gegen den Baden-Ooser Jürgen Gersinska. Gegen Wolfgang Schmid - der Bundesligaspieler der Stuttgarter SF durfte als Mitglied der SG Baden-Baden mitspielen - unterlag er unnötig. Auch gegen Großmeister Philipp Schlosser war deutlich mehr drin. Fabian Döttling geriet jedoch nie in Gefahr, gegen Metz seine bis zum Schluss blütenweiße Weste von 10:0 Punkten zu verlieren.

 

Christof Herbrechtsmeier

Christof Herbrechtsmeier

  

   Damit ist aber auch das Problem genannt, das Baden-Oos in die Bredouille stürzte: Ihre besten Spieler hatte der Erstligist auf zwei Mannschaften verteilt, wohl in der Annahme, dass dem Favoriten die ersten zwei Plätze sowieso nicht zu nehmen sind. Das sollte sich nach einer Nullrunde für alle rächen. Nullrunde deshalb, weil die Ergebnisse annulliert wurden. Der rührige Mostafa Muschtaki, der diesmal zusammen mit dem SG-Vorsitzenden Herbert Hauser als Turnierleiter fungierte, stellte von den zunächst programmierten sieben Runden Schweizer System auf elf Runden, in denen jeder gegen jeden spielte, um. Die Rochade schlug die SG Baden-Baden mit 3:1, wobei Metz zum ersten Mal Schmid unterlag - wäre das Resultat der annullierten Runde übernommen worden, hätte Kuppenheim den Wettbewerb sogar mit 20:0 Punkten abgeschlossen. Aber auch das spätere 2:2 war kein Beinbruch. Den Ausschlag dafür gaben nach den Auftakterfolgen über Iffezheim II (3:1/Niederlage von Oli W.) und Baden-Baden II (3,5:0,5/Remis durch Herbrechtsmeier) die überraschenden Siege gegen Baden-Oos I und II. Beim 3:1 über die Erste des deutschen Blitz-Meisters, der im Vergleich zum nationalen Turnier auf die Asse Roland Schmaltz und Andreas Schenk verzichtete, unterlag nur Metz Döttling. Herbrechtsmeier knöpfte IM Jaroslaw Srokowski (2458) bald eine Figur ab. Da auch schon die Damen vom Brett waren, konnte der Ooser sein Schicksal nicht mehr abwenden. Weiß erhöhte gegen Christian Bossert gar auf 2:0, ehe dem Topfavoriten der Anschlusstreffer gelang. Der Schlusspunkt blieb Kresovic vorbehalten. Im Endspiel mit Minusbauer und -figur überschritt die deutsche Nummer eins der Frauen, Ketino Kachiani-Gersinska, die Zeit. 3:1 für Kuppenheim! An dieser Stelle sei aber auch erwähnt, dass die Großmeisterin zwei Wochen nach Geburt ihres zweiten Sohnes (Glückwunsch!) natürlich noch nicht auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit war - die Leistung von Kresovic soll dies indes nicht schmälern.

 

Velimir Kresovic

Velimir Kresovic

 

   Gleich im nächsten Match sorgte die Schachgemeinschaft dafür, dass es den Mannen von Grenke-Leasing mulmig wurde: Auch ihre zweite Mannschaft zog den Kürzeren! Dabei hätte es noch schlimmer als 2,5:1,5 kommen können. Das lag zunächst an der Sensation, die Oliver Weiß gegen Großmeister Ludger Keitlinghaus schaffte. Herbrechtsmeier legte gegen Nachwuchstalent Robert Schaaf zum 2:0 nach. Den unglücklichen Metz ereilte daraufhin im falschen Moment die Nachricht, dass ein Remis reiche - prompt gab er gegen Philipp Schlosser seinen Mehrbauern in der Annahme her, locker ins Remis abwickeln zu können. Doch das Turmendspiel behandelte der Großmeister sehr aggressiv und setzte sich bei knapp werdender Zeit noch durch. Kresovic vermied allerdings mit dem Remis gegen Frederic Beck mannschaftlichen Schaden. Als anschließend auch Iffezheim 2,5:1,5 in die Schranken gewiesen wurde (neben der vermeidbaren Kresovic-Niederlage remisierte Weiß gegen Jörg Eiler), war der Weg frei für Kuppenheim. Die restlichen Aufgaben wurden bis auf den 2:2-Ausrutscher gegen die Schachgesellschaft und das 3,5:0,5 über Baden-Oos III (Remis von Herbrechtsmeier) mit 4:0 erledigt. Auch wenn Baden-Oos sich verzettelte, muss der insgesamt 12. Blitz-Bezirksmeister-Titel der Rochade seit 1986 als wertvollster eingeordnet werden. Vor allem in den 90er Jahren war Kuppenheim schließlich als Serienmeister wenig gefordert. Und wann liegt man schon einmal vor dem deutschen Meister?

 

Oliver Weiß

Oliver Weiß

 

 

Endstand der mittelbadischen Blitzmeisterschaften nach zehn Runden:

1.

Rochade Kuppenheim

19

32,0

2.

SC Baden-Oos

18

33,5

3.

SC Baden-Oos II

13

28,5

4.

SC Iffezheim

12

23,0

5.

SC Rastatt

11

19,0

6.

Sabt. Vimbuch

10

16,5

7.

SG Baden-Baden

9

18,0

8.

SC Baden-Oos III

7

16,0

9.

SG Baden-Baden II

4

12,0

10.

Caissa Rastatt

4

11,5

11.

SC Iffezheim II

3

10,0

 

Herbrechtsmeister auf Anhieb Einzel-Blitzmeister

 

Christof Herbrechtsmeier

Christof Herbrechtsmeier

 

   Das Double aus Kuppenheimer Sicht machte am Tag der Deutschen Einheit Christof Herbrechtsmeier perfekt. In Abwesenheit aller Baden-Ooser Stars, die nach dem Mannschaftswettbewerb das Schlachtfeld verließen, trumpfte der neue Oberliga-Spitzenspieler der Rochade auch im Einzel auf. In den neun Runden blieb der bald 50-Jährige wie am Vormittag ungeschlagen. Vier Remis verhinderten jedoch seinen alleinigen Turniersieg. Wolfgang Schmid kam ebenfalls auf sieben Zähler. Der bei Punktgleichheit durchgeführte Stichkampf um den Titel entfiel jedoch, weil Schmid zwar Mitglied bei der SG Baden-Baden ist, aber als offizieller Spieler der Stuttgarter Schachfreunde nicht Bezirksmeister werden kann. "Herbie" überließ dennoch seinem schärfsten Rivalen den Siegerpokal und begnügte sich mit einer Medaille. Dem Fernschach-IM war es vor allem wichtig, sich für die badischen Blitzmeisterschaften zu qualifizieren. Wie Schmid ging auch der mit sechs Punkten fünftplatzierte Sasbacher Martin Springmann (neuerdings in Diensten von Slavija Karlsruhe) nicht in die Bezirks-Gesamtwertung ein.

   Nur mit Bezirks-Bronze hinter Jörg Eiler (6,5) musste sich Hartmut Metz bescheiden. Der mittelbadische Blitz-Rekordgewinner, der in allen Disziplinen schon etwa 30 Bezirkstitel eingeheimst hat, spielte grausig. Bei seinen zwei Niederlagen gegen Schmid (die dritte an diesem Tag!) zog er seinen König in einem besser stehenden Turmendspiel auf ein bedrohtes Feld, und Wladislaw Reznikow erlaubte er ein einzügiges Grundlinienmatt! Noch schlimmer erging es Oliver Weiß, der das Turnier mit 0,5/3 abschloss und mit lediglich 4,5 Zählern Achter wurde. Sein Pulver völlig verschossen hatte Velimir Kresovic. Die am Morgen noch so glänzend aufspielende Kämpfernatur verlor die letzten drei Partien und endete mit 3,5 Punkten auf dem indiskutablen 15. Platz unter 20 Teilnehmern (Schmid und Springmann nicht mitgerechnet). Kresovic bestätigte damit einmal mehr seine launischen Leistungen im Blitz, die von Kreis- bis Weltklasse reichen können.

 

Endstand der Einzel-Bezirksmeisterschaften nach neun Runden:

1.

Christof Herbrechtsmeier

Kuppenheim 7,0

2.

Jörg Eiler

Iffezheim 6,5

3.

Hartmut Metz

Kuppenheim 6,0

4.

Wladislaw Reznikow

SC Baden-Oos 6,0

5.

Leonid Wernyy

Caissa Rastatt 5,0

6.

Ramadan Raka

Iffezheim 5,0

7.

Jakiv Katsnelson

SG Baden-Baden 5,0

8.

Oliver Weiß

Kuppenheim 4,5

9.

Alexander Rogachevskyy

Caissa Rastatt 4,5

10.

Bertram Schäfer

SG Baden-Baden 4,5

11.

Thomas Roth

Caissa Rastatt 4,5

12.

Dieter Schmidt

SC Baden-Oos 4,5

...

15.

Velimir Kresovic

Kuppenheim 3,5


zur Artikelübersicht