Als kleine Vorbemerkung sei gesagt, dass ich alle Partien in Debrecen ohne computergestuetzte Vorbereitung spielte, was einerseits aufgrund der fehlenden Information ueber den kommenden Gegner natuerlich einen Nachteil darstellt, andererseits aber angenehm ist, da dies ein "angstfreieres" Spiel ermoeglicht. Ueber meinen Gegner dieser Zweitrundenpartie wusste ich lediglich, dass er an Eins gesetzt war, mit Elozahlen, Titeln und dergleichen hatte ich mich aus Zeitgruenden noch nicht beschaeftigen koennen. Mittlerweile weiss ich, dass Gyula Mester 27 Jahre alt ist, den FM-Titel traegt und mit ELO 2414 ueber IM-Spielstaerke verfuegt. Am Schluss war es auch er, der das Tunier gewann (mit 7/9), die Niederlage gegen mich blieb seine einzige.

 

1.d4 Aha, also der Damenbauer ... 1...Sf6 2.c4 e6 3.g3 d5 4.Lg2 Le7 5.Sf3 0-0 6.0-0 dxc4 Diese recht solide Variante spiele ich seit einiger Zeit mit gutem Erfolg an Blitzturnieren, im ICC und im Fritz7-Server, in der "normalen" Turnierpraxis spielte aber komischerweise bisher noch keiner einen "lupenreinen" Katalanen gegen mich. 7.Dc2 a6 8.a4 Ld7 9.Se5 Ein vollkommen normaler Zug, und doch war ich danach bereits "Out Of Theory" !!! In meinen bisherigen Blitzpartien wurde ausnahmslos [9.Dxc4 gezogen.] 9...Sc6!? Nach langem Nachdenken aus dem Aermel geschuettelt. Ich wollte einfach sofort auf d4 druecken. Nichtsdestotrotz ist "natuerlich" derStandardzug [9...Lc6 vorzuziehen, da dadurch der riesige Fianchettolaeufer auf g2 mehr oder weniger forciert abgetauscht wird. Schwarz hat dann zwar Bauernschwaechen auf der c-Linie, dafuer ist aber der weisse Damenfluegel unterentwickelt, so dass sich die beiderseitigen Chancen in etwa die Waage halten.] 10.Dxc4 Einfach und stark: Deckt d4 und greift c6 an! 10...Sxe5 11.dxe5 Sd5!? Das war meine Idee: Ich biete ihm einen Bauern an, dafuer muesste er aber seinen schoenen Fianchettolaeufer hergeben ... 12.Sc3! Anstatt den vergifteten Bauern zu fressen, entwickelt sich Weiss lieber mit Tempo, denn nun muss sich Schwarz entscheiden, was er mit dem d5-Springer macht. 12...Sxc3 [Ich wollte nicht 12...c6 ziehen, da meine Stellung dann sehr passiv gewesen waere, insbesondere der Laeufer auf d7 ware dann keine Augenweide.] 13.bxc3! Weiterhin "High Level-Schach", denn nun muss sich der Nachziehende staendig um den rueckstaendigen Bauern b7 sorgen. 13...Tb8 14.Le3 Dc8 Das hielten wir in der post mortem-Analyse noch fuer einen Tempoverlust und wollten es durch [14...c5 ersetzt wissen (so gelangt die Dame in einem Zug nach c7), es scheint aber so, dass auch der Textzug nicht unmittelbar zu widerlegen ist.] 15.Tab1 c5 16.Tb6 Ld8 17.Tb2 [17.Td6 Le7 18.Tb6 Ld8= ] 17...Le7 [Hier war 17...La5! stark, nach 18.Le4 (18.Lxc5?? b6 verloere natuerlich sofort.) 18...b6 19.Lc2 Lc6 20.Dd3 g6 21.Lh6 Td8 steht Schwarz gut.] 18.a5 Lb5 19.Dg4 Td8 20.Tfb1 [20.c4 analysierten wir nach der Partie, nach 20...Lc6 21.Tb6! (Nicht jedoch 21.Lxc6? Dxc6 22.Tb6 Da4! mit schwarzem Gegenspiel.) 21...Lxg2 22.Kxg2 Dc7 23.Tfb1 Td7 ist es indes trotz der weissen Druckstellung auf der b-Linie ziemlich schwierig, das schwarze "Bollwerk" zu durchbrechen.] 20...c4!? Unterbindet c4 "forever", eroeffnet aber auch dem schwarzfeldrigen Laeufer des Anziehenden neue Perspektiven. Ein spannender Kampf steht bevor. 21.Le4 Lc5?! Eine Ungenauigkeit. Starker war gleich [21...Td7 , und Weiss tut sich schwer, die schwarze Festung zu erklimmen.] 22.Lg5?! Revanchiert sich umgehend. Nach gleich [22.Dh4! h6 geht ploetzlich wie aus heiterem Himmel 23.Lxb7!! Txb7 24.Lxc5 , und der Nachziehende verliert einen Bauern.] 22...Td7 Jetzt heisst es wieder frei nach Adorjan: "Black is ok". 23.Dh4 h6 [23...g6 erscheint wegen der geschwaechten schwarzen Felder sehr riskant, obwohl selbst das vielleicht noch spielbar ist.] 24.Lf4 [24.Lxh6 hatte ich berechn et und mit Wohlgefallen festgestellt, dass es nur zum Remis reicht: 24...gxh6 25.Dxh6 Dc7! 26.Lh7+ Kh8 27.Lg6+ Kg8 28.Dh7+ (28.Lh7+ ist sofort remis.) 28...Kf8 29.Dh8+ Ke7 30.Df6+ Ke8! Jetzt will es Schwarz ploetzlich wissen! (30...Kf8 31.Dh8+ (31.Lh5 Kg8! 32.Dg5+ Kf8 33.Df6 Kg8 34.Dg5+= ) 31...Ke7 32.Df6+= ) 31.Lh5 (31.Dxe6+ Te7 32.Lxf7+ Kf8 33.Dh6+ Kxf7 34.Dh7+ Ke6 35.Dg6+ Kd7 36.Dg4+ Kd8 37.Td1+ Td7 38.Dg8+ Ke7 39.Dg7+ Ke8 40.Dg8+ Lf8 Der letzte Versuch. 41.De6+ Le7 42.Dg8+ Lf8 43.De6+ , und doch remis.) 31...Tbd8! 32.e3 (32.Dh8+ Lf8-+ ) 32...Te7 33.Dh8+ Kd7 34.Td2+ Kc8 , und Schwarz hat sich herausgewunden.] 24...Dc7? Warum so anspruchslos? [24...Lc6! wehrt den weissen Angriff ab, und nach Verdoppelung der schwarzen Tuerme auf der d-Linie ist es der Weisse, der ums Remis winseln muss!] 25.Txb5!? Kampfschach pur! Remis ergab [25.Lxh6 gxh6 26.Dxh6 Dxe5 27.Lh7+ Kh8 28.Lf5+ Kg8 29.Lh7+ Kh8 30.Lf5+= ] 25...axb5 26.Txb5 Lf8 27.Le3 Td1+ 28.Kg2 Dd7 29.Tb2 Ta1 30.La7 La3! Schwarz zeigt sich taktisch auf der Hoehe. 31.Tb6 Tf8! Rettet zuerst noch den Turm, bevor die Schwerfigureninvasion auf der ersten Reihe beginnt. 32.Txb7 Dd1 33.Kh3 Dxe2 34.Le3 Lc1! 35.Lc5 Tc8? Ein schwacher Zug, der Weiss wieder "mitspielen" laesst. [35...Lg5! 36.Dg4 Dxg4+ 37.Kxg4 Tc8 38.Lb4 erstickt alle weissen Angriffsbemuehungen im Keim, obwohl der a-Bauer immer noch zu beachten ist] 36.De7! Nun muss der Nachziehende staendig auf f7 bzw. auf seine Grundreihe achten. Schwarz muss bereits genau spielen, um nicht in Nachteil zu geraten. 36...Dh5+ "Only move" 37.Kg2 Txa5 Danach ist es bei normalem Verlauf remis. Gewinnchancen bot einzig [37...Lg5!? 38.Dd7 Td8 39.Dc7 Te1!? , wonach die Mehrqualle fuer Schwarz, gleichzeitig aber auch der gefaehrliche weisse a-Bauer auf dem Brett bleiben. Gefuehlsmaessig scheint mir die sofortige "Entsorgung" des a-Bauern besser, zumal die verbliebenen weissen Figuren bedrohlich aktiv postiert sind.] 38.Td7?? Aeusserst bitter fuer Weiss, macht er sich mit diesem unbedachten Zug doch die Fruechte seiner Arbeit mit einem Schlag zunichte. [38.Dc7!! Taa8 (38...Txc5 39.Dxc5!! Te8 40.De7!! Tc8 41.Tc7!! Tb8 42.Dd6! De2 43.Txc4!! ist sogar besser fuer Weiss.) 39.Ta7 Tab8 40.Tb7 Ta8 41.Ta7 mit Remis durch Zugwiederholung.] 38...Lg5! Das hatte Mester uebersehen. 39.Tc7 Td8 Die weisse Dame hat kein Feld mehr! 40.Dxd8+ Lxd8 41.Tc8 Gewinnt zwar noch den Laeufer d8, dennoch ist die Partie im hoeheren Sinne gelaufen. 41...g6 42.Txd8+ Kh7 43.Ld4 Ta1 44.Tc8 Kg7 Ein "neckischer" Zug. 45.Lf3 [45.Txc4?? De2 war die huebsche Pointe des letzten schwarzen Koenigszuges.] 45...Df5! 46.g4 [46.Txc4 ging wieder nicht, diesmal wegen 46...Dd3 ] 46...Dd3 47.Tc7 Df1+ 48.Kg3 g5! Schnuert Weiss weiter ein. 49.h4 Te1 50.hxg5 hxg5 51.Ta7 Dd3 52.Kg2 Tc1? [52...Dh7! mattiert schneller, aber wie sagt der Ungar so schoen: "Raeruenk arra meg" :-)] 53.Ta3 Tb1 54.Ta2 Tb3 55.Le2 De4+ 56.f3 Dc6 57.Kg3 Db5 58.Td2 Tb1 59.Kf2 Th1 60.Le3 Db1 61.Kg2 Dh7 Finally ... [61...Dh7 62.Lg1[] (62.f4 Dh3+ 63.Kf2 Th2+ 64.Ke1 Dxe3 65.Kd1 Dxc3 66.Ke1 Dc1+ 67.Td1 De3 68.Td2 Th1# ) 62...Dh3+ 63.Kf2 Dh4+ 64.Ke3 Txg1-+ ] 0-1

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